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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XI (1876 / 132)

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Man muss bei Vasari im Leben des Puntormo nachlesen, wie im 
Jahre 1529 ein gewisser Giovan Battista della Palla eine grosse Zahl Kunst- 
werke zu erwerben suchte, um für König Franz I. eine Reihe von Zim- 
mern prachtvoll auszustatten. Die Signoria liess es geschehen, um für die 
drohende Belagerung vielleicht französische Hülfe zu gewinnen. Man kam 
auch in's Haus der Borgherini; der Herr des Hauses war nach Lucca ge- 
flüchtet, aber Madonna Margherita erhob sich zum Schutze ihrer Penaten 
und ihres Ehebettes und fegte mit der Zornesgluth einer Italienerin den 
Trödler-Patrioten sammt seinen Banditen von ihrer Schwelle fort. 
Erst spät hat man dann diesen ganzen Zimmerschmuck auseinander- 
genommen und die werthvollsten Stücke davon als Tafelbilder in neue 
Rahmen gefasst. Zwei Tafeln des Puntormo sind jetzt in den Uüizi (z. 
Florentinersaal, Nr. 1249 und 1282), die beiden des Andrea del Sarto 
aber im Pitti (Saal des Mars, Nr. 87 u. 88) aufgestellt. Wo die übrigen 
jetzt sich befinden, weiss ich nicht"). 
Seit mehreren Jahren bin ich in den Galerien diesen Möbelbildern 
nachgegangen. 
Im Vergleiche mit der ungeheuren Masse, welche nach den oben 
mitgetheilten Nachrichten vorhanden gewesen sein muss, hat sich nur We- 
niges erhalten. Das Meiste hatte gewiss keinen künstlerischen Werth und 
wurde später von den Händlern und Sammlern nicht mehr geschätzt. Die 
Einsatzbilder in Täfelwerk mussten, wenn die Stuben stark bewohnt wur- 
den, am Ende verderben. Die Truhen, welche gewiss am Boden standen, 
wurden durch andere Möbel zerstossen und durch den Muthwillen der 
Kinder zerkratzt. Was man davon ausgestellt sieht, ist oft stark verletzt; 
ich zweiße aber nicht, dass man in den Magazinen öffentlicher Galerien, 
wo der Ausschuss verwahrt ist, noch manches Beispiel auffinden könnte. 
Besonders die Bilder von Brauttruhen sind leicht unter andern Ge- 
mälden zu erkennen. Einmal durch die Form: sie waren an der Vorder- 
seite eingesetzt und haben daher die Form eines Frieses. Gewöhnlich sind 
sie bei anderthalb Fuss hoch, bei drei bis fünf Fuss lang. Es kamen aber 
auch quadratische und vieleckige Tafeln vor, welche wohl an den Schmal- 
seiten angebracht waren. Neben der Form geben dann auch die Gegen- 
äianaääiän Anhalt, indem sie häufig eine Beziehung auf Hochzeit haben. 
Lucretia, Virginia, Tuccia mahnen die Braut an Keuschheit und eheliche 
Treue; mythologische Brautfahrten und Hochzeiten waren ein Spiegelbild 
des künftigen Eheglückes; bei der Heirat einer Witwe gab Ariadne eine 
feine Anspielung, dass die zweite Ehe glücklicher sein werde als die erste; 
aus dem alten Testament boten sich in Joseph von Aegypten und der 
keuschen Susanna Vorbilder der Tugend dar. Endlich konnten italienische 
Liebesnovellen sinnreich zur Verwendung kommen. 
') Ausführlichercs bei Reumont, Andrea del Sarto, S. 132 u. folg. Die beiden 
reizenden Tafeln des Sarto sind in BsrdPs Gallärie du Palais Pitti gestochen.
	        
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