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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XVII (1882 / 202)

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sich den holländischen Ständen für irgend eine Anstellung empfehlen 
wollte. Sein Steinchen kam richtig in's Rollen und wuchs im Laufe dreier 
Jahrhunderte zur Lawine, die Jeden, der nicht an Coster glaubte, mit 
Wucht in den untersten Abgrund der Verstocktheit und Bornirtheit 
schleuderte. - 
Die Beweise der Cdsterianer laufen im Ganzen auf Folgendes hinaus: 
I. Zeugenaussagen von Greisen, die als Kinder einmal etwas gehört haben 
von Männern, die selbst schon wieder kindisch geworden waren; 2. ein 
Gerrit Thomas Coster wies gelegentlich zinnerne Weinkannen vor, welche 
angeblich sein Vorfahre, der Erfinder, aus seinen Buchtyperi habe her- 
stellen lassen (aber die waren ihm ja alle gestohlen worden, darauf hat 
man ganz vergessen); 3. und das ist das Hauptargument: "Es ist einmal 
so, wie wir es sagen, und die Deutschen sollen beweisen, dass das nicht 
wahr seim 
Die ganze Costergeschichte ist nichts, als nationale Aufbauschung 
eines Stadtklatsches, dass etwa einmal ein Haarlemer Schenkwirth von 
rheinischen Weinlieferanten oder selbst auf einer Geschäftsreise nach den 
Rheingegenden etwas von der neuen Mainzer Erfindung gehört und mögv 
licherweise einen Versuch mit Typenbildung gemacht hat. Es ist aber 
wahrhaft bescbämend, dass so viele Männer ihre Kraft an eine erbärm- 
liche Sache verschwendeten und sich von einigen Führern dupiren ließen. 
Unwissenheit, directer Betrug und Fälschung sind aber mit Recht jenen 
Herren nachzusagen, denn andere Ausdrücke kann man wahrlich nicht 
wählen für ein Vorgehen, wenn auf Urkunden die Jahreszahl 144.6 in 
14.40 umgeändert, Pergamentdrucke befeuchtet und gewaltsam gestreckt 
werden, damit sie zur Länge und Breite eines andern Stückes, wie man's 
eben brauchte, passen. Bei Anführung zahlreicher Geschichtsquellen für 
Coster übersah diese Gattung von Historikern, dass ihre Autoritäten eine 
von der andern abschreiben und zumeist auf Junius und ähnlichen basiren. 
Der angeblich erste Druck aus Coster's Werkstatt, ein Speculum humanae 
salvationis, stellte sich nachträglich als eine sehr späte Ausgabe dieses 
deutschen Werkes heraus, und eine Menge von Beweisstücken, wie holz- 
geschnittene Buchstaben u. dgl. waren, wenn ein fremder Forscher sie 
sehen wollte, just eben gestohlen worden u. s. w., u. s. w. 
ln die Reihe der Lächerlichkeiten gehört es, dass man ein Porträt 
des Erfinders aus dem XV. Jahrhundert vorzeigt. auf der Rückseite 
bezeichnet mit dem Monogramm eines Malers, der erst zwei Jahre nach 
dem Tode des Porträtirten geboren wird. Das l-Ieiterste aber ist, dass die 
Haarlemer zwei Denkrnale auf zwei Erfinder der Buchdruckerkunst auf- 
gestellt haben und bis vor Kurzem nicht wussten. welcher eigentlich der 
rechte sei. Dieses kleine Malheur passirte ihnen auf folgende Weise: 
Der Lichtgießer und Schenkwirth Coster wandert nachweislich r483 
aus Haarlem aus. Lassen wir den Mann über 80 Jahre alt werden, so 
war er frühestens im Jahre r4oo geboren; nach damaliger Gepflogenheit
	        
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