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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XVII (1882 / 202)

Typographie. Heute ist der Vorgang folgender: Der Buchstabe oder ein 
anderes Druckzcichen wird in harten Stahl geschnitten, und dieser Stempel 
heisst Patrize; derselbe wird sodann in ein Kupferstäbchen eingeschlagen, 
die so entstandene Vertiefung heisst Matrize, und aus ihr als Form 
werden dann mittels Handguss oder Maschine die einzelnen Buchstaben in 
unzähligen Wiederholungen gegossen. - Die Schwierigkeit und Trag- 
weite dieser Erfindung erhellt daraus, dass eine gewöhnliche Octavseite 
unserer Bücher durch-Zusammensetzung von etwa 2500 solcher aus Blei 
und Antimon. mit etwas Zusatz von Kupfer, Zinn und Eisen gegossenen 
Metallstückchen hergestellt ist. Die Herstellung des Morgenblattes von 
einer der größeren Zeitungen erfordert weit über 100.000 Buchstaben 
allein, die Unzahl der übrigen nothwendigen Durchschüsse, Stege u. s. w. 
gar nicht gerechnet. - So etwas hatte Gutenberg selbst allerdings 
nicht zu Stande gebracht, auch nicht eine Leistung, wie sie Gladestone 
beim Canon-Jubiläum zu London in einer prächtig gebundenen Bibel 
verwies. welche 16 Stunden vorher noch gar nicht gedruckt war - 
eine Bibel, gedruckt, gebunden und von Oxford nach London ge- 
schickt, binnen 16 Stunden! - Solches und der rasche Druck der 
Zeitungen wurde erst möglich seit der Erfindung der Schnellpresse 
durch den Deutschen Friedrich König im Jahre 1833 und seit der 
Verbesserung der Stereotypie. Aber Gutenberg hat seinen Nach- 
folgern den Weg gewiesen, und um sein ganzes Verdienst zu würdigen, 
muss man sich noch eine Vorstellung machen von der durchgreifenden 
Modification, welche er mit der Pressenform seiner Zeit vornehmen musste; 
eine Modification so umgestaltender Art, dass es geradezu läppisch ist, 
darüber zu streiten, 0b die Weinpresse oder die Papierrnacherpresse ihm 
als Muster diente; - dazu die rechte Mischung der Druckerschwärze 
und vollends die Metallmischung für den Typengussl 
Es ist wohl rnüssig, durch Combinationen mannigfacher und oft recht 
drolliger Art die Erßndung Gutenberg's nacherfinden zu wollen. Da wird 
ganz fest behauptet, auch er habe zuerst Holztafeldrucke gefertigt; sei es, 
damit hat er aber nichts Neues gemacht; hierauf habe er solche Holz- 
tafeln zerschnitten, zahlreiche Buchstaben in Holz nachgeschnitten, an 
einem Faden aneinandergereiht und damit gedruckt. Wenn dies über- 
haupt als möglich zugestanden wird, so muss jedenfalls Gutenberg sich 
sehr rasch von dem Unpraktischen dieses Verfahrens überzeugt haben. 
Allerdings wurde erst im Vorjahre hier in Wien durch den Druck zweier 
Zeilen mit holzgeschnittenen Buchstaben der Beweis geliefert, dass so etwas 
möglich sei. Ja wohl, zwei Zeilen, aber man drucke einmal auf diese 
Weise die r7oo Seiten der Gutenberg-Bibel! Sodann erlaubt man Gutenberg, 
einen Schritt weiter zu gehen, statt des Bindfadens schon Eisendraht zur 
Auffädeluhg zu benützen und statt der Holzbuchstaben aus Blei ge- 
gossene in Anwendung zu bringen. Aber anfangs darf er hiebei nur die
	        
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