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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XVII (1882 / 202)

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Bibel in zwei Bänden mit 324 und 317 Blättern. Exemplare dieses Pracht- 
werkes wurden vor wenigen Jahren verkauft: eines auf Papier um 
44.000 Francs, ein anderes um 53.800 Mark und eines auf Pergament 
um 68.000 Mk. Dem Meister selbst mangelte seinerzeit das Geld zur Be- 
schaffung des Materiales; er musste wieder in Gemeinschaft treten mit 
' einem Geldmanne, J ohannes Fust, aber dieser Freund, der ihm so 
selbstlos und hilfreich die Mittel zu bieten schien, wurde ihm verhängniss- 
voll, schlimmer als der ärgste Wucherer. Fust zerriss nämlich bald wieder 
die geschäftliche Verbindung, indem er Gutenberg auf Rückzahlung von 
2026 Gulden klagte. Wir haben hierüber keinen richterlichen Urtheilsspruch, 
sondern nur eine undeutlich abgefasste notarielle Aufzeichnung vom 6. No- 
vember 1455, aber das Endergebniss lässt leider an Klarheit nichts zu 
wünschen übrig: das ganze Gezüge, das Zeug, also die neuen, schönen 
Typen der 42zeiligen Bibel und vielleicht auch des bereits geplanten 
Psalters musste Gutenberg samrnt_und sonders an Fust abtreten und 
dieser wurde nun selbstständiger Druckereibesitzer. Darum war es dem 
schlauen Geldmanne zu thun gewesen, welcher die Verwerthbarkeit der 
neuen Ertindung rasch erkannt hatte. Als er in das Wesen derselben ein- 
geweiht war, beschleunigte er den Bruch rnit Gutenberg, und ist für die 
Gemüthsart des Mannes Folgendes bezeichnend. In den ursprünglichen 
Contract ließ er als guter Freund natürlich nur pro forma 6 Percent 
für sein dem Gutenberg als Cornpagnon vorgestrecktes Capital einsetzen, 
mit der mündlichen Versicherung, er werde diese Zinsen nie bean- 
spruchen; nun aber in der Anklage iiguriren recht stattliche Zinsen 
sammt Zinseszins aufgerechnet. Fust wollte sich eben Gutenberg, der ihm 
an Bildung, leider nicht in Geschäftsroutine überlegen war, vom Halse 
schaffen. Er brauchte ihn auch nicht mehr, seitdem er es verstanden 
hatte, in Peter Schöffer von Gernsheim den geschicktesten von 
Gutenberg's Gehilfen auf seine Seite zu bringen und dienstbar zu machen. 
Die Verheiratung Peter SchöHefs mit Fust's Tochter machte später 
die neue Firma F u s t - S c h ö ffe r auch aus Verwandtschaftsgründen 
dauerhaft, zudem war sie im Besitze eines gerichtlich zugesprochenen 
Druckereiapparates und größeren Betriebscapitals, als Gutenberg je sein 
Eigen nannte. 
Noch im Jahre 1456 kam aus der Fust-SchöI-fefschen Ofticin die 
42zeilige Bibel (NB. mit den Gutenberg'schen Typen gedruckt) heraus 
und gleich im nächsten Jahre der große Psalter, bereits mit volltönender 
Schlussschrift und den Namen von Fust und SchöiTer. Da sich diese bei 
Lebzeiten Gutenbergs und in derselben Stadt wohnhaft, doch unmöglich 
die Ehre der Erfindung zuschreiben konnten, so wird von der neuen Kunst 
nur im Allgemeinen gesprochen und der Name des Erfinders ganz ver- 
schwiegen, dagegen mit besonderem Stolze auf die großen Initialen als 
von Schöffer gezeichnet und dessen geistiges Eigenthum hingewiesen. 
-- Sie guckt schon, aber sie wagt sich noch nicht ganz hervor, die
	        
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