strittene Volksthümlichkeit ihres Bestandes. Nicht künstlich hieher ver-
pflanzt, sondern mit der historischen Vergangenheit ihres Wohnsitzes in
engster Verbindung, hat sie sich aus jenen Neigungen und Geschicklich-
keiten, aus jenen uralten Handwerkstraditionen und I-Iausindustrien ent-
wickelt, welche das Erbtheil eines kräftigen Volksstammes bilden, der von
jeher darauf angewiesen war, das karge Erträgniss der Bodencultur durch
industrielle Thätigkeit zu vermehren.
Aber nicht allein in rnercantiler, auch in künstlerischer Beziehung
zeigt sich die Gablonzer Industrie als echtes Kind des Jahrhunderts. Ihre
Lehrmeisterin ist die Mode, die Mode, wie sie von Paris aus die ganze
civilisirte Welt beherrscht. Mit unglaublicher Raschheit bemächtigt man
sich in den abgelegenen Thälern des Isergebirges von Saison zu Saison
der modernsten Farben und Formen. Darin erblickt man die Garantie für
den Erfolg, dem verdankt Gablonz seinen Ruf. Allerdings ist es nicht
immer der beste, das müssen einsichtsvolle Männer dieser Gegend selbst
zugestehen. Dass aber eben diese Männer auch kein Opfer scheuen und
keine Gelegenheit verabsäumen, um Abhilfe zu schaffen und die Gablonzer
Industrie für die Zukunft in künstlerischer Beziehung selbständig zu machen,
zu einer Zeit, in welcher die actuelle Thätigkeit noch höchst ansehnliche
Erfolge aufzuweisen hat, das zeigt von seltener Voraussicht, das gereicht
ihnen zur höchsten Ehre.
Beweis dessen, dass die Gablonzer Gemeinde es ist, welche als erste
in Oesterreich für die Pflege kunstgewerblichen Unterrichtes ein eigenes
Schulgebäude errichtet hat, dessen feierliche Uehergabe an die Regierung
mit der Veranstaltung einer den localen Zwecken dienenden, eben so
schönen als lehrreichen Ausstellung verbunden wurde. Dieselbe occupirt
sämmtliche Räume des ersten Stockwerkes und einen Theil des Erd-
geschosses. Den Brennpunkt des Interesses bildet der große Zeichensaal,
an welchen sich rechts und links die Ausstellungen der Schiilerarbeiten
anschließen. In jenem Saale erblicken wir rings an den Wänden viele
hundert kleinere Obiecte, deren künstlerischer Werth bei näherer Bea
trachtung Niemandem entgehen kann.
Zunächst finden wir das Oesterr. Museum in nahezu 400 Nummern
vertreten. Es hat indische Schrnuckgegenstände in Glas und Metall, kau-
kasische Emailarbeiten, egyptische, syrische, chinesische und japanische
Schmucke ausgestellt; von Volksschmucken sind hier Collectionen sla-
vonischer, dalmatinischer, italienischer, spanischer und portugiesischer,
siebenbürgischer und holsteinischer Herkunft zu finden. Die Renaissance
ist durch Italien und Deutschland, sowie durch moderne Nachbildungen
reichlich vertreten, und endlich ist eine Reihe von modernen Arbeiten
in Silber, Gold, Bronze, Email und Porzellan ausgestellt. Das orientalische
Museum hat unter zu Nummern Schmucke und Quincaillerie-Gegenstände
aus Tunis, Egypten, Indien, China und Japan ausgestellt, und endlich
finden wir moderne Wiener und Pariser Erzeugnisse, die für die Gablonzer