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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XVII (1882 / 204)

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die erste Rolle in der Porzellanindustrie, die Führung des Geschmacks 
zu sichern. 
Das Rococo - an dem Meißen noch immer klebte .- wurde ver- 
lassen, und es machte sich - ein ganz colossaler Wandel - an Stelle 
dessen jener eigenartig antikisirende Styl geltend, der an den heute so 
hochgeschätzten Altwiener Producten charakteristisch ist: Steife, gerade 
Formen mit antiken Decorationsmotiven. In der Plastik: Glasur und 
Farbe, die den Werken des Rococo Leben und Frische verliehen, ver- 
lassen - das unglasirte, zu weichem Halbglanz gebrannte Porzellanbisquit 
entsprach dem antiken Marmor, dem hohen, ernsten Style besser. Aus 
dieser Periode stammen jene Colossalgruppen, Büsten u. s. w., die, einzig 
und allein in Wien zu Stande gebracht, den Neid aller übrigen Porzellan- 
Manufacturen gebildet haben. Seit 1744 trugen die Wiener Fabrikate das 
österreichische Wappenschild - zuerst vertieft in die _Masse eingedrückt, 
dann blau unter Glasur. 
Unter SorgenthaPs Nachfolger Niedermayer wurde das künstlerische 
Moment womöglich noch schärfer betont, namentlich die Porzellanmalerei 
über die Grenzen eines decorativen Behelfes zur selbständigen Kunst ge- 
trieben, wie sie sich bis heute gewissermaßen als ein Vermächtniss der 
alten Fabrik in Wien als- Specialität erhalten hat. 
Aus der Niedermayefschen Zeit stammen jene kostbaren großen 
Gemälde, Copien aus dem Belvedere, die mehr als Kunstwerke denn als 
Porzellanfabricate bewundert werden wollen. 
(Fortsetzung folgt.) 
Auszug aus einem Nürnberger Reisebriefe. 
A. v. D. - Die Nürnberger Ausstellung stellt sich der Organisation 
wie dem Inhalte nach, als eine ganz bedeutende Leistung dar, wenn man 
den für uns einzig richtigen Standpunkt ihr gegenüber einnimmt, d. h. 
wenn man berücksichtigt, dass sie, der Volkszahl Baierns gemäß, nicht 
einmal den achten Theil des Zollvereinsgebietes vertritt, und dass 
gerade einige Massenproductionen Deutschlands, wie die Textilindustrie, 
außerhalb des hier repräsentirten Landstriches sich befinden. Einiger- 
maßen verunglückt erscheinen nur die in reizenden Parkanlagen situirten 
Ausstellungsbauten, die zwar ganz praktisch disponirt, aber kleinlich, 
unruhig und willkürlich decorirt sind. Diese phantastisch ausgeschmückten 
Facaden sind insoferne lehrreich, als sie zeigen, wohin die Liebhaberei 
für die so viel gepriesene deutsche Renaissance und für die malerische 
Richtung selbst bedeutende Talente führen kann. 
Die Maschinenindustrie, das Verkehrswesen, die landwirthschaftlichen 
Großgewerbe Baierns und die zahlreichen industriellen Specialitäten 
Nürnbergs haben großartig ausgestellt. Die Kunstgewerbe tragen, einige
	        
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