'97
diesen zwei Stoffen geben die Chinesen noch einen dritten - die Glasur
Tsi - auch aus einer Sorte weißen Petuntse gewonnen und mit einer
Art Gyps (chekao) vermengt. Die Fabriken zu King-te-tsching waren zur
Zeit diEntrecolles schon Fabriken des Kaisers. Sie standen unter der
Aufsicht eines Mandarins und zahlreiche Polizeibeamte hielten Zucht und
Ordnung unter den Arbeitern aufrecht.
Anfänglich wurden die Porzellane nur weiß hergestellt, unter der
Tsin Dynastie (265-419) kam das blau bemalte Porzellan auf, welches
aber nur für den kaiserlichen Bedarf hergestellt werden durfte. Dieser
Vorbehalt einer bestimmten Farbe für das kaiserliche Haus wurde in der
Folge zum Gesetz. Im 17. Jahrhundert, zur Zeit der ostindischen Com-
pagnie, war jedem Privaten der Besitz des gelben kaiserlichen Porzellans
bei Todesstrafe verboten. Vom 12. Jahrhundert an, hatten sich übrigens
auch die Mandarinen eines solchen Privilegs zu erfreuen, ausschließlich
auf Geschirren von bestimmter Farbe und Decoration speisen zu dürfen.
Es existirten demnach in China drei social unterschiedene Sorten von
Porzellanen, jene für das kaiserliche Haus, die zweite für die Beamten,
die dritte für's Volk. Auch die Ausfuhr von Porzellan war anfänglich
strengstens verboten, später ließ man die Volkswaare hinaus. Die älteren
chinesischen Porzellane sind in der Folge so rar und kostbar geworden,
und bei den späteren Chinesen in so hohes Ansehen gekommen, dass selbst
Bruchstücke zu den höchsten Preisen gezahlt und von den Mandarinen
statt der Edelsteine an den Mützen getragen wurden. Aus China
hat sich die Porzellanfabrication nach Japan, dem Schwesterreiche, ver-
breitet, wo sie namentlich im i6. und 17. Jahrhundert zu hoher Voll-
kommenheit gedieh.
Eine der prächtigsten Sammlungen chinesischer und japanischer
Porzellane birgt das japanische Palais in Dresden Den Grundstock der-
selben bilden, nebst den über Holland angekauften Stücken, 127 Gefäße,
die Friedrich Wilhelm l. von Preußen 1717 dem prachtliebenden König
August dem Starken zum Geschenk gemacht hat. König August revan-
chirte sich, indem er an den preußischen Souverän, der bekanntermaßen
eine besondere Vorliebe für große Soldaten hatte, ein Regiment baum-
starker Dragoner als Gegengeschenk abschickte.
Die chinesischen und japanischen Porzellane zeichnen sich durch
einen angenehmen bläulichen Stich ihrer Masse aus, was die Wirkung
des mit hochentwickeltem Farbensinn hergestellten bunten Emaildecors so
wesentlich hebt. Sieht man von den bizarren Formen und der für die
chinesische Kunst charakteristischen Regellosigkeit und Unsymmetrie des
Decors ab, so zeigen die Producte doch gewiss in der ausgezeichneten
Harmonie der zartfärbigen Emaile die Meisterschaft der Chinesen in der
decorativen Verwendung der Farbe.
Dass bei der hohen Werthschätzung, die dem chinesischen Porzellan
seit seiner Einführung in Europa allgemein zu Theil wurde, allüberall