dem Publikum zeigt, die Stcaßenfeite. Das gute Scbaufenfter
bat zwei Seiten, eine nach außen und eine nach dem Inneren,
die beide gleich gut ficbtbar find, und das ausgeftellte Material
nach jeder Richtung bin der Prüfung darlegen. Das fcblecbte
Huslagearrangement ift auf fcblecbte Architekten zurückzufübren.
Es gibt keine Urfacbe, die nicht nach allen Richtungen wirkt.
L.
DIE WOHNUNGSFRAGE IN SCHWEDEN
ine foziale Frage, die in den jüngftverflofienen Jahren in
Schweden allgemeines Intereffe erregt und direkte Staats»
maßregeln nötig gemacht bat, ift die, den Arbeitern und
anderen weniger bemittelten Perfonen ein eigenes Heim auf
dem platten Lande zu verfcbaffen. Man verfolgt hierbei einen
doppelten Zweck. Teils wünfcbt man in der Nähe der Städte
und anderer induftrieller Zentren denjenigen Arbeiterfamilien,
die nicht bereits durch die Fürforge des Arbeitgebers — die an
mehreren Orten fcböne Ergebniffe zu verzeichnen bat - ein
folcbes Heim gewonnen haben, eine ländliche Wohnung zu ver»
fcbaffen; und in diefer Hinficht greift die Frage von dem eige«
nen Heim direkt in die verwandte foziale Frage ein, die unter
dem Namen der Wohnungsfrage zufammengefaßt wird. Teils
bat man auch dem Ackerbau und fomit dem ganzen Reiche, da
er ja das bauptfächliche Wirtfcbaftsgebiet desfelben bildet, eine
vermehrte Anzahl von felbftändigen kleinen Landwirten fcbaffen
wollen, und zu diefem Zweck ift eine andere Klaffe des Eigen»
befitjes entftanden, die fogenannten ländlichen Anwefen. Im
Jahre 1904 wurde ein Staatsfonds von 10 Millionen Kronen ge»
gründet, aus dem unter billigen Verzinfungs» und Amortifations»
bedingungen Darlehen für die Anlage der obengenannten Woh
nungen und Anwefen gewährt werden. Der Darleiher ift der
Staat felbft. Der Anleibende bat es nur mit gewiffen Korpora
tionen zu tun, denen der Staat die Vermittlung der Darlehen
und die Kontrolle ihrer Benutzung übertragen hat. Diefe Kor
porationen find vor allem die fogenannten »Hausbaltungsgefell»
fchaften, d. b. halb private, halb offizielle Inftitute für die Pflege
der wirtfcbaftlicben Intereffen der einzelnen adminiftrativen Be
zirke. Diefe Heimentwicklung ift erft noch im Entfteben und
der Weiterentwicklung bedürftig, man erwartet aber febr gute
Ergebniffe von ihrer fegensreichen Tätigkeit. □
Die Wohnungsfrage der Städte ift auch in Schweden aktuell,
und es bat ficb als unabweisbare Notwendigkeit erwiefen, durch
Staatsgefetje und durch zielbewußte kommunale Wobnungspolitik
der an vielen Orten fühlbaren Wohnungsnot abzubelfen, die,
wie die Erfahrung anderer Länder lehrt, die Urfacbe fo vieler
fozialen und fittlichen Übelftände ift. Privatperfonen haben
fchon vor Jahrzehnten in der zweiten Stadt des Reiches, Göte
borg, großartige Stiftungen gegründet, um weniger Bemittelten
billige Wohnungen zu verfcbaffen, und auch in anderen Städten
haben Vereine und pbilantropifche Gefellfchaften in demfetben
Sinne gewirkt. Aber allmäblig drang die Erkenntnis durch,
daß das Allernotwendigfte die Veränderung des den Grund-
befit} betreffenden Privatrechtes fei. Die Gemeindevertretungen
von Stockholm und Göteborg haben ficb für eine folche Gefet}»
gebung ausgefprocben, und eine Gefetjesvorlage ift demzufolge
ausgearbeitet worden, in der ficb u. a. ein dem deutfcben Erb
baurecht des Bürgerlichen Gefe^buches entfprechender Grund
gedanke wiederfindet. Das fchon in der Recbtsanfcbauung des
Mittelalters fußende entfprecbende fchwedifche Recbtsinftitut, das
jet)t in einer moderneren Form unter der Benennung Tomträtt,
d. b. Grundftückrecbt, wieder auferftebt, verleibt Städten und
ftadtäbnlicben Gemeinden das Recht, zu bebauende Grundftücke
an Private mit dem Recht des Nießbrauchs abzutreten, und zwar
auf längere Zeit (bis zu 100 Jahren), als es das gegenwärtige
Gefet) (bis auf zehn Jahre in den Städten) erlaubt. Hierdurch
ift die gleichzeitige Löfung zweier anderer zur Wohnungsfrage
gehörenden Grundprobleme erleichtert, die fonft ftets einander
feindlich gegenüberfteben, fodaß jedesmal ein Fortfcbritt in einer
Richtung einen Rückfcbritt in der anderen nach ficb zieht. Die
fcbwedifcben Stadtgemeinden befitjen fchon von altersber be
deutende Grundftücke, und die größeren Städte haben in jüngfter
Zeit deren noch mehr innerhalb und außerhalb ihres Weich
bildes erworben. Es ift den Kommunen aber fcbwer, Baupläne
in einer dem anwachfenden Bedürfnis entfprechenden Menge
durch den Verkauf zur Verfügung zu ftellen und zugleich die
Aneignung der einmal verkauften Grundftücke von feiten der
Baufpekulation zum Zwecke der allgemeinen Preiserhöhung zu
verhüten. Mittels der geplanten Gefetje wird es den Städten
möglich fein, als Befitjerinnen von Grundftücken die Bautätig
keit in erfprießlicher Weife zu fördern, indem fie unter billigen
Bedingungen die Bebauung derfelben je nach Bedarf geftatten.
Zugleich können fie ficb auch felber durch allmäblige Steigerung
der Abgaben für die Benutjung des Bodens, die allein aus der
Entwicklung der Ortfcbaft felbft entftebende Steigerung (une
arned increment) des Bodenwertes Vorbehalten und der Spe
kulationswut entziehen. □
Wir bringen diefe Mitteilung, weil es uns intereffieren muß,
wie die Wohnungsfragen in anderen kulturell vorgefchrittenen
Ländern gebandbabt werden. Von diefen haben wir die nor»
difchen Länder, die in der allgemeinen Kultur am böcbften
entwickelt find, zunäcbft im Auge. Wer ficb über die Lage in
Schweden, über die fozialen Verhältniffe, linterrichtswefen, Sport,
Kunft, Natur ufw. im allgemeinen unterrichten will und eines
kurzen Führers bedarf, findet einen folchen in der reich illuftrier«
ten Publikation der Stockholmer Turifttrafik förbundet, die für
den erften Bedarf ein umfaffendes Bild gibt. □
DIE WOHNUNGSFRAGE IN DEUTSCHLAND
I m Deutfcben Reich haben ficb die erfcbteckenden Mißftände im Wob*
nungswefen der Hufmerkfamkeit der Behörden und der Sozialpolitiker
aufgedrängt, und fomit haben auch wir eine Wohnungsfrage. Der
Frankfurter Verein für Wobnungsreform ift unabläffig an der Behand
lung diefes Themas tätig. Die Behörden find der Wohnungsfrage
gegenüber nicht teilnahmslos geblieben und haben Verordnung über
Verordnung erlaffen. Soeben ift eine von W. von KHLCKSTEIN auf
Grund der Sammlungen des Bremer fozialen Mufeums zufammengeftellte
Überücht über die im Deutfcben Reich erlaffenen Vorfchriften über Be-
nutjung und über Befcbaffenbeit von Wohnungen (Vertag von Guftav
Winter in Bremen) erfcbienen und damit zum erftenmal ein Einblick
in diefen umfangreichen Zweig des Verordnungswefens ermöglicht.
In febr überfichtlicber, zum großen Teil tabellarifcber Zufammenftellung
enthält diefe verdienftvolle Schrift alle behördlichen Forderungen in
bezug auf Wohnungsmaße, Überwachung, Inftandbaltung, Revifionen
und ähnliche Erfordemiffe, die auf dem Papier fteben. Hier ift Material
für den Sozial- und Bodenpolitiker. Uns will fcbeinen, daß Verord
nungen gut find, wo durch Anordnungen wirkfam und endgültig Ab
hilfe gefchaffen werden kann. Aber die Wohnungsfrage ift nicht im
Verordnungswege aus der Welt zu fcbaffen. Die Übet, die hier zutage
treten, liegen zu tief, um von den Erläffen gegen Wobnungsüberfüllung
und ähnliche Schäden erreicht und befeitigt zu werden. Das Übel liegt
in unfern Rechtsverbältniffen und wir können auf eine wirkfame Ab
hilfe nur rechnen, wenn das Privatrecbt dem fozialen Geift entfprecbend
geändert wird. Die Wohnungsfrage ift eine Angelegenheit für Boden
politik, die der ungefunden Bodenfpekulation, der unverdienten Wert-
fteigerung zugunften einzelner zufälliger Befitjer und der damit ver
bundenen Wohnungsteuerung, von der die Unbemittelten am bärteften
getroffen werden, entgegenzuwirken bat. □
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