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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XIX (1884 / 220)

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theil zu schätzen, den die Verbindung mit gebildeten, mit der Technik 
vertrauten Künstlern bringt, und indem er sich beständig an etwa von 
Storck oder Hans Macht gezeichneten Musterstücken schult, brachte er 
es zu solcher Freiheit der Hand und des Geschmackes, dass er trefBiche 
Arbeiten von eigener Erfindung danebenstellen kann. Besonders aufmerk- 
sam möchten wir u. A. auf Cassetten von rothem und grünem Sammt mit 
niellirten Beschlägen oder filigranartig durchbrochener Goldverzierung 
machen, und auf jene zierlichen Taschen von weissem Leder, eingelegt 
mit bunten Ornamenten, die neben ihrem reizenden Aussehen auch von 
großer Dauerhaftigkeit sind, da sie bei ihrer soliden Technik wieder- 
holtes Putzen gestatten. 
Nicht übersehen dürfen wir die geschnittenen Lederstühle des Bild- 
hauers Gustav Gassmann, der, mit einem besonderen Talente für [mi- 
tation alter Arbeiten begabt, zuerst die gesuchten Arbeiten der Spanier 
und Portugiesen nachbildete, nun aber sein Genre erweiterte und diese 
Stylart für ganz modern gedachte Möbel anzuwenden weiß. 
Wir möchten alle Liebhaber aufmerksam machen, sich hier an der 
Quelle zu holen, was sie bei den Antiquaren als alle Arbeit mit dem drei- 
fachen Preise bezahlen müssen. 
Da solche geschnittene Arbeiten, bei aller relativen Billigkeit, den- 
noch gerade nicht billig zu stehen kommen können, hatte man besonders 
in Frankreich gesucht, sie mechanisch durch Pressung herzustellen; der 
Erfolg war zumeist ein schlechter. Durch die Anwendung der heißen 
Metallwalzen wurde das Leder brüchig und bald unbrauchbar. Wir 
müssen wieder Paul Pollak als jenen nennen, welcher diese Schwierig- 
keit überwunden hat. Durch Pressen des feuchten Leders in Holzmodel 
wusste er Lederbezüge für Stühle herzustellen, welche, wenn sie auch die 
volle Wirkung geschnittener Arbeiten nicht erreichen können, doch nicht 
weniger gefällig und solid sind. Gustav Friedrich beschäftigt sich mit 
der fabriksmäßigen Herstellung solcher Stühle und Bezüge. 
S0 ist binnen kurzer Zeit die Wiener Leder-Industrie, welche früher 
vielmehr durch Bizarrerien bekannt war, für jeden Kunstfreund ein Gegen- 
stand der Liebhaberei und des Studiums geworden. . 
Diesen Lederarbeiten möchten wir, was Güte und Dauerhaftigkeit 
betrifft, die trefflichen, längst bekannten Einbände Günthefs an die 
Seite stellen, die heuer in besonders reicher Auswahl durch die Firma 
Lech ner vorgeführt werden. Der Universitäts-Buchbinder Georg Rautter 
hat ebenfalls beachtenswerthe Arbeiten geliefert. 
In den Leinenstickereien konnten wir seit dem Vorjahre einen be- 
deutenden Fortschritt wahrnehmen. Von dem mehr dilettantischen Kreuz- 
stiche ist man fast durchwegs abgekommen und schließt sich den in ver- 
schieden gebildeten Plattstichen ausgeführten südslavischen Hausarbeiten 
an, deren reiche Muster in durchaus waschechten Farben die Firma 
Kunz 81 Mösmer für Bettausstattung und Tischwäsche geschmackvoll
	        
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