lange Folge der Behörden, der Beamten, die Hierarchie eines halben Jahr-
tausends; das politische und sociale, das ötfentliche und Privatleben öffnet
sich unserem Einblicke; so finden wir ofticielle Urkunden des Landes,
seiner Provinzen, der Städte und Gemeinden. Selbst die lnsignien und das
Wappen des Statthalters liegen uns vor. Verordnungen, Kundmachungen,
Steuerlisten, Stipulationen über Abgaben in Naturalien, Lieferungslisten,
Verrechnungen, Quittungen, Bestellscheine aller Art wechseln mit Kauf-
und Pachtverträgen, Ehescheidungen, Urkunden in Wechselgeschäften
u. s. w. Welcher Gewinn sich daraus für die Culturgeschichte und für
antiquarische Forschungen ergibt, leuchtet ein.
Das Formular der Urkunden selbst ladet zu einer ebenso anziehenden
als fruchtbringenden Untersuchung ein und es wird immer mehr gelingen,
an der Hand der Abfolge demotischer, ptolemäischer, römischer und byzan-
tinischer Urkunden die Einwirkung der geschlossenen Organi-
sation Aegyptens auf die griechische Diplomatik nachzuweisen.
ln den Urkunden selbst finden sich aber auch kostbare Andeutungen
der jeweiligen Art der Zeitrechnung; und so zeigt sich denn zu unserem
Erstaunen, dass noch im Vll. Jahrhundert n. Chr. eine Chronologie in
Aegypten bestand, welche auf den Grundsätzen der alten Pharaonenzeit
beruhte. Welchen Werth überdies anderweitige Angaben in Indictionen,
Regierungs- und Consulatsjahren und Jahren der diocletianischen Aera
für uns haben, ist leicht begreiflich.
Bei dem fast gänzlichen Versiegen der Quellen für die Metrologie
des IV. bis Vlll. Jahrhunderts ist uns bis vor Kurzem noch der Einblick
in das Geldwesen jener Zeit versagt gewesen; durch unsere Papyri ist
es nun möglich, eine genaue und bestimmte Kenntniss jener
Geldrechnung zu gewinnen, um so mehr, als vielfach Uebertragungen
aus einer Währung in die andere, Agiotagerechnungen, Münzbeschreibungen
und Zinsrechnungen vorliegen.
Auch lernen wir noch mehrere bisher unbekannte Hohl- und
Flächenmaße, ferner ein eigent-hümlichcs System von Zahlzeichen
zum ersten Male kennen; so liegen uns denn auch Schulrechnungen und
Uebungen im Zitferschreiben in mehreren Exemplaren vor.
Mehrere Papyri und Pergamene lassen uns auch in die Art des
damaligen Schulunterrichtes in anderen Elementargegenständen
einen Blick werfen; so sind uns die gleichlautenden Nachschriften mehrerer
Schülerhände und Uebungen im F ederstricbe erhalten. Von vorgeschrittenen
Schülern ist eine Conjugationsaufgabe geschrieben, die uns lebhaft an
unsere eigenen schriftlichen Schulaufgaben und grammatischen Uebungen
erinnert. Auch Blätter aus Wörterbüchern, ferner Fragmente aus Litteratur-
werken linden sich vor.
Da die Papyri theils in der Schriftsprache, theils im vulgären alexan-
drinisch-ägyptischen Dialekte geschrieben sind, kann das Absterben des
Altgriechischen, sein Uebergang zum Mittel- und Neugrie-