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Goldschmiedekunst :in Prag aufgestellt: ein tüchtig durchgeführter,
nur etwas zu figuren- und beziehungsreicher Tafelaufsatz und ein Brust-
kreuz mit sorgfältig von H. Kautsch ausgeführten Etnailen. An Gold-
schmuck ist auf durchgehend: gute Ausstellungen von A. Häusler,
A. Jaschke und J. N. Junghans hinzuweisen, während V. Mayefs
Söhne pompöses Tafelgeschirr aus Silber in gewohnter exacter Durch-
führung bringen.
Ein Material, dessen stylgerechte Bearbeitung zeither schwer glücken
wollte, ist das Zinn. Wo man bisher von der gewöhnlichen Marktwaare
abging, versuchte man entweder matte Aetzung, die grau und entschieden
unkünstlerisch wirkt, oder eineNachahmung jener altenßachreliefirten Schüs-
seln in Art des Enderlin, die an sich schon nur Surrogate für Silberarbeiten
waren, noch dazu in ihren modernen Nachbildungen meist schwer und
plump ausfielen und dem Gebrauche durch eine umständliche Procedur
der Reinigung Hindernisse entgegenstellten, so dass sie kaum anders denn
als Schaustücke verwendet werden konnten. Ertl in Eger hat nun einen
guten Wurf gethan, indem er eine andere alte Technik wieder aufleben
machte: die Gravirung, wobei an Schüsseln und Krügen die lineare
Zeichnung mit seltenem Stylgefühle der Technik angepasst ist. Hier so
wie bei anderen Ausstellern, die sich im Geschmacke der deutschen Re-
naissance gefallen, möchten wir das Uebermaß in der Anwendung von
Sinnsprüchen tadeln. Die Spruchweisheit unserer Altvordern trat lange
nicht so zudringlich auf; zu wenig wäre bei solchen Dingen jedenfalls
besser am Platze als zu viel.
Bei den bekannten Firmen J. Novak und Leopold Frank, die sich
sonst bei ihren getriebenen Messingschüsseln und Tellern an Muster der
besten Zeit, vom Beginne des 16. Jahrhunderts hielten, bemerken wir
eine auffällige Bevorzugung von späteren Stylarten, besonders von den
in Siebenbürgen so häufig vorkommenden barocken Tellern mit gewelltem
Rande oder von Arbeiten nach Kupferstichen des 17. Jahrhunderts.
Es soll das keineswegs getadelt werden. Es wäre auch zu verwun-
dem gewesen, wenn bei der Schnelllebigkeit unserer Zeit die ja nicht
aus dem Volksbedürfnisse hervorgeholten, sondern mit Ueherlegung ge-
wählten Formen der Hochrenaissance nicht ebenfalls der Mode unterlegen
wären. Geht nun der allgemeine Geschmack von den Mustern des 16. Jahr-
hunderts allmälig zu jenen jüngerer Zeiten über, so lässt sich dem eben
nichts entgegensetzen, sondern nur die Thatsache beobachten. Publicum
und Künstler betrachten sich mit Recht im Ganzen und Großen als so
weit geschult, dass sie sich eine Bevormundung im Einzelnen nicht gerne
wollen gefallen lassen. Franzosen und Engländer sind nun mit ihrem
Geschmacke schon bei Louis XVI. und dem Empire angelangt, und es
erscheint nur gesund und den thatsächlichen Verhältnissen entsprechend,
wenn sich die Wiener Kunstindustrie den etwas schwereren, kräftigeren
Vorbildern aus der Zeit Karls VI. und Maria Theresia's anschließt, in