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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XIX (1884 / 223)

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legen, wo dann für nSolli- und wI-Iabenu als Ausgleich galt: "So viel 
deutsche Worte, so viel Ruthenstreichele 
In einer Zeit, wie die angezogene, konnte diese Bildungsart nicht 
genügen. Die Forderungen des realen Lebens machten sich zu sehr 
geltend, die Forderung, den Menschen für die Zwecke des realen Lebens 
brauchbar zu machen. 
Der Realismus hielt seinen Einzug in die Pädagogik 
und durch ihn die Forderung, das Kind nicht blos mit abstractem Wissen 
zu füllen, sondern es auch an die Arbeit, die physische Arbeit zu ge- 
wöhnen. Der Hauptvertreter des pädagogischen Realismus war ein Oester- 
reicher, Comenius, ein Mann, der wie ein Riese unter seines Gleichen 
hervorragt und dessen Wirken noch heute empfunden wird. Er fordert 
die Einbeziehung der Handarbeit in den Kreis der Bildungsmittel mit 
dem kräftigen Vergleich: nI-Iautausdünstung hat auch der Baum nöthig 
und häufige Bewegung durch Wind, Regen und Fröste, sonst erschlafft 
"er leicht und magert ab. So bedarf auch der menschliche Körper Be- 
wegung, Beschäftigung, Uebung, ernste und kurzweiligem 
Comenius legte seine Ideen in verschiedenen Schriften nieder, die 
ihrn bald einen europäischen Ruf verschafften. Wir finden ihn von der 
polnischen, englischen, holländischen und schwedischen Regierung zur 
Reorganisation des Unterrichtswesens berufen. Im Jahre 1650 zieht er 
nach Ungarn, um in Saros Patak eine Schule zu errichten. Hier glaubt 
er den Boden gefunden zu haben, wo er segensreich für längere Zeit 
wirken werde. Er spricht sein I-IoHen in dem Programmaufsatz mit 
folgenden Worten aus: uDamit unsere Leute an diesem Uebungsorte 
nicht für die Schule, sondern für's Leben lernen, so sollen von hier her- 
vorgehen thätige Jünglinge, zu Allem bereit, geschickt und Heißig, Leute, 
denen dereinst jedes Geschäft des Lebens sicher anvertraut werden kann. - 
Wenn man solche Schulen in jeder Gemeinde hätte, das wäre ein Gegen- 
gift gegerfTrägheit und Ungeschicklichkeit und weiter gegen Unordnung, 
bittere Armuth und Unreinigkeitn- 
Leider ist es uns nicht bekannt, wie Weit Comenius die physische 
Arbeit in seinem Institute pflegte; wie noch manch" anderer dunkle Punkt 
aus dem Wirken Comenius zu erhellen wäre. Seine Zeit hatte für die 
Thaten eines Friedenshelden kein scharfes Gedächtniss. 
Erst am Ende des 17. Jahrhunderts werden seine Ideen realisirt und 
zwar von dem Pietisten Francke in Halle, dem Manne, der mit einem 
Grundcapital von 7 Gulden ein Waisenhaus gründete, dem er bald ein 
Pädagogium für Söhne des Herrenstandes, adelicher und anderer für- 
nehmer Leute, eine lateinische Schule, eine Apotheke und Medicamenten- 
expedition und eine Buchhandlung anfligte. Francke hatte ein bewunde- 
rungswürdiges Gründergenie, dabei war er so glücklich, seinen Werken 
bleibenden Gehalt zu verleihen.
	        
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