die Magyaren, Polen und Böhmen, im Norden die skandinavischen Völker
je nach ihrem Kunstvermögen Einfluss nehmen. Reber-Pecht haben sehr
recht gethan, die gleichzeitige Entwickelung der Franzosen und Belgier und
anderer Nachbarvölker darzustellen. Gewinnt dadurch allerdings das Buch
manchmal den Charakter einer allgemein-rnitteleuropäischen und nicht
einer speciüsch deutschen Kunstgeschichte, so wurde doch daneben Raum
gewonnen, um die Centren der deutschen Kunst eingehender zu schildern.
Uns interessirt selbstverständlich am meisten jene Partie des Werkes, welche
von Oesterreich und speciell der Wiener Kunstsschule spricht. Aus dem
ganzen Reber-Pechfschen Werke geht klar hervor, dass die Oesterreicher
einen großen Factor der heutigen deutschen Kunst bilden, und dass es
gar nicht anginge, die Oesterreicher deswegen von der deutschen Kunst
auszuschließen, weil die österreichische Monarchie und das Deutsche Reich
zwei getrennte Staatsgebiete geworden sind. Für Schriftsteller, welche nicht
in Oesterreich leben, ist es nicht leicht, die Kunstbewegung der nicht-
deutschen Bevölkerung der österreichischen Monarchie und den Antheil
der deutschen Oesterreicher, welche in allen Theilen der Monarchie leben,
sachgemäß festzustellen. Man darf es den Verfassern nicht übel nehmen,
wenn sie hie und da sich nicht ganz deutlich aussprechen, wechseln doch
die Künstler selbst ihren Namen und ihre Nationalität und wissen selbst
nicht klar, oh sie sich zur Münchner. zur französischen oder zur Wiener
Schule zählen sollen. Das ist aber keinem Zweifel unterworfen, dass die
Vielsprachigkeit der österreichischen Monarchie kein Hinderniss einer
großen Kunstbewegung ist, welche die ganze Monarchie belebt und an
der alle Völker des habsburgischen Reiches participiren. Die Wiener
Kunstschule ist vielleicht mehr, als eine andere deutsche Kunstschule
kräftig genug, um Kunstjünger aller Völker an sich heranzuziehen und
sie zu assimiliren. In Wien leben Künstler aller österreichischen Völker
unangefochten; Niemand übt einen socialen oder p-olitischen Zwang, ihren
Namen und ihre Nationalität zu verleugnen, wie es hier und da in
Böhmen und in Ungarn geschieht. Die Deutsch-Ungarn in Pest glauben
eine specifisch magyarische Kunst dadurch zu erzeugen, dass sie ihre
deutschen Namen magyarisiren, als ob sie directe Nachkommen von den
berühmten Führern der Magyaren auf dem Lechfelde wären.
Die nationale Uniformität ist auf dem Kunstgebiete nicht als ein
ganz besonderes Glück zu betrachten. ln jenem Capitel des Rebefschen
Werkes, welches Friedrich Pecht geschrieben hat, und das sich an seine
ßDeutsche Künstler des 19. Jahrhundertsa würdig anschließt, haben wir
mit größtem Interesse die Schilderungen Makart's, Feuerbach's, Setnpefs
und FerstePs gelesen. Der getadelte Frohsinn der Wiener hat das Kunst-
leben wesentlich gehoben, und wir können im Interesse der Kunst nur
. wünschen, dass dieser der Wiener Bevölkerung für alle Zeiten bewahrt
bleibe. Bei diesem Anlasse können wir nicht umhin, die Verdienste Frie-
drich Pecht's hervorzuheben, die er sich um Darstellung der österreichi-