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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XX (1885 / 237)

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erstem Lande der Kunst begründeten. Dieses Streben wird von der Gunst 
des Publicums getragen. Daneben werden die verschiedenen Stylgattungen 
gepflegt. Die meisten der Aussteller in dieser Abtheilung haben ihre 
Imitationen nach Renaissancemustern gehalten, um dem archäologischen 
Interesse Rechnung zu tragen. Man merkt es aber an den Verkaufs- 
etiquetten, dass nicht diese es sind, welche die meisten Kauiiustigen an- 
locken. Sie wandern in Museen oder in die Sammlungen von Liebhabern 
oder noch häufiger indirect zu den Antiquitätenhändlern; die Schaufenster 
der modernen Thonwaarenniederlagen schmücken sich mit ganz anderem, 
modischem Zeuge. Freie Nachbildungen der Renaissance, Uebertragungen 
ihrer herrlichen Decorationsweise und Formen auf moderne Technik und 
moderne Bedürfnisse, also gerade dasjenige, was durch Imitationen vor- 
bereitet werden soll, finden sich selten. Ebenso wenig beliebt scheinen 
die Nachbildungen orientalischer Fayencen zu sein, die wegen ihrer styl- 
vollen Zeichnung und ihres blühenden Farbenreichthums bei uns neuer- 
dings so viel Anklang finden. Selbst das chinesische und japanische Genre 
der Porzellandecoration war nur in verhältnissmäßig wenigen Stücken ver- 
treten, sein Geistesverwandter dagegen, das Rococo, in großen Massen, 
capriciös in der Forrn, mit plastichem Decor, pornphaft und grell, und 
ein feineres Genre mit aufgemalten bunten Blumen. Imitationen antiker 
Terracotten hatte nur eine einzige Firma ausgestellt. Die modernen oder 
besser gesagt Modewaaren sind nichts weniger als stylvoll. Vorherrschend 
ist das aus Paris neuerdings importirte Genre mit den plumpen bizarren 
Formen und plastischen, großen, aufgelegten Blumen, das in Calabrien 
- nach den in einer Sammlung von Objecten italienischer Hausindustrie 
vorhandenen Stücken zu schließen - heimisch war und schon früher an 
einzelnen Orten, wie Monaco, fabriksmäßig erzeugt wurde. Das Meiste 
kommt gegenwärtig aus Neapel, dem Hauptsitze eines rücksichtslosen 
Naturalismus in Kunst und Kunstgewerbe. Das Bedauerlichste ist, dass 
diese Manier auch auf den Kunstgewerbeschulen cultivirt wird, welche 
leider fast gänzlich auf den Geschmack des Publicums und der Händler 
angewiesen sind, wenn sie sich die nöthigen Hnanziellen Einkünfte sichern 
wollen. Die Glasur wird auf dem Grunde des Gefäßes gewöhnlich in 
genial liederlichen Farbenflecken aufgetragen, besonders beliebt scheint 
braun und olivengrün zu sein; auch für die Blumen verwendet man mit 
Vorliebe wnoblec Farben, blaugelb, blassrosa oder blassgrün. Außer 
Blumen pflegt man an die möglichst einfache, aber auch möglichst extra- 
vagante, entweder übermäßig gestreckte oder gedrückte Grundform der 
Vase voll und plastisch modellirte Figuren von Nymphen, Tritonen, 
Thieren aller Art, in naturalistischen Farben bemalt, anzupicken, mit frei 
in die Luft ragenden Armen und Beinen, theils vereinzelt, theils zu 
Gruppen vereint in der Art der bekannten Dore'schen Vase. Trotz aller 
Bizarrerie tragen viele dieser Producte den Stempel des Talentes. Meister- 
haft ist das Technische an ihnen. Die Glasuren sind frisch und glanzvoll,
	        
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