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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XX (1885 / 240)

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Mit der SchaEung allgemeiner Handwerkerschulen soll ein letzter, 
entscheidender Schritt geschehen in der Fortentwicklung der vorhandenen 
gewerblichen Unterrichtsinstitutionen zu einem wirklichen, voll ausgebil- 
deten Organismus des industriellen Erziehungswesens. Bisher besitzen wir 
für die Jugend, nachdem sie ihrer Volksschulpflicht genügt hat, nur zwei 
Hauptarten gewerblicher Bildungsinstitute: Fortbildungsschulen und 
Fachschulen. Wir haben also für unsere gewerbebellissene Jugend 
vom 15. Jahre aufwärts Anstalten für die Fortbildung und für die Aus- 
bildung im Gewerbe. Für die Jugend dagegen, welche der Volksschul- 
pilicht noch nicht genügt hat, also für die Jugend vor vollendetem 
14. Jahre, ist weder die eine noch die andere dieser Hauptarten gewerb- 
licher Schulen bestimmt. Diesem Mangel sollen die Handwerkerschulen 
abhelfen, und die industriellen Unterrichtsanstalten hätten sich also dar- 
nach künftig nicht mehr in zweierlei, sondern in dreierlei Aufgaben zu 
theilen: Vorbildung, Fortbildung und Ausbildung; der Vor- 
bildung würde die allgemeine Handwerkerschule, der Fortbildung 
dieFortbildungschule, derAusbildung die Fachschule gewidmet sein. 
Die Fachschulen sollen für einen bestimmten Wirkungskreis in einem 
bestimmten industriellen Fache ausbilden; und darum finden sie gesunde 
Lebensbedingungen nur dort, wo ein ausgeprägtes Bedürfniss nach der 
Förderung gerade dieses industriellen Faches besteht, d. h. wo Ange- 
hörige der einschlägigen Industrie in entsprechender Menge vorhanden 
sind, also entweder in einem Centrum gewerblichen Lebens oder in einem 
Orte mit stark entwickelter Specialindustrie. Wo weder die eine noch die 
andere Voraussetzung gegeben ist, wie bei der Mehrzahl mittlerer und 
kleinerer Städte, wo es zwar allerlei Handwerker, aber in jeder Gruppe 
nur wenige Firmen gibt, da fehlt der Fachschule der geeignete Boden. 
An solchen Orten muss die Schule auf die Ausbildung in einem bestimmten 
Gewerbe verzichten, sie muss sich damit begnügen, eine bloße Vorbildung 
zu geben, diese aber für eine ganze Anzahl von Gewerben. Aus dem 
Umstande, dass diese Schule nur vorzubilden vermag, folgt sodann noch 
eine andere Existenzbedingung derselben: ihr Schüler muss mit dem 
vollendeten 12. Jahre, das ist in der Regel nach Absolvirung des sechsten 
Jahrescurses der Volksschule, eintreten können. 
Wir haben sonach schon drei in die Augen springende Merkmale 
gewonnen, welche die neue Schule von der Fachschule unterscheiden, 
und zwar: r. Betreff der Zusammensetzung des Schülermateriales: vnicht 
künftige Angehörige Einer Branche, sondern mehrerer verschiedener-l; 
2. bezüglich des Lebensalters der Schüler: "nicht junge Leute vom 
15. Lebensjahre aufwärts, sondern Knaben zwischen dem 13. und 
15. Jahren, und 3. hinsichtlich der Aufgabe der Schule: xnicht Ausbil- 
dung, sondern Vorbildungm 
Auf solche Art ist die Handwerkerschule geeignet, die allgemeinste 
gleichmäßigste Verbreitung von sämmtlichen gewerblichen Tagesschulen
	        
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