MAK

Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XX (1885 / 242)

Beilage zu Nr. 242 
der 
„Mittheilungen des k. k. Oesterreieh. Museums." 
l 
Schlesiens abgesetzt. Weder die Art des Vertriebes, noch die Art der 
Dessins vermochten bisher der Industrie ein größeres Absatzgebiet zu 
verschaffen, ihr die städtischen Kreise zu erschließen und so das Los der 
emsigen Bevölkerung zu verbessern. Die Hotzenplotzer Spitze ähnelt den 
Bauernarbeiten von Slavonien, Norwegen und der italienischen Emilia; 
sie ist aus starkem, weißem Zwirne gefertigt, in Form von mehr oder 
minder breiten Streifen und mit einem geradlinigen geometrischen 
Muster versehen, das auf weitmaschigem Netzwerke ineinandergeschohene 
Rauten oder über Eck gestellte Quadrate darstellt. In dieser Form 
eignet sich die Spitze besonders zu Einsätzen. Eigentliche Kanten 
werden seltener erzeugt. Die Muster sind ohne Zweifel höchst einfach, 
doch nicht unschön. Es herrscht überall das richtige Gefühl vor, 
dass der starke Zwirn sich nicht wie der weiche, biegsame Woll- oder 
Seidenfaden zur Herstellung phantastischer Verschlingungen und unregel- 
mäßiger Curven eigne. Dieser Umstand hat die Hausindustrie vielleicht 
von der Nachahmung der französischen und belgischen Rococo-Spitzen 
bewahrt, nach dem jetzigen Stande der gewerblichen Geschmacksrichtung 
ein großer Vortheil, ein Nachtheil aber, weil er den Hotzenplotzer Spitzen 
den Weg in städtische Kreise versperrte, wo die Vorliebe für Rococo- 
formen noch heute nicht ganz verschwunden ist. 
Ein Industriezweig, der trotz Allem einen jährlichen Umsatz von 
H. 200.000 erzielte, musste die Beachtung jener Körperschaft erregen, der 
die industrielle Entwickelung Schlesiens in erster Linie anheimgestellt ist, 
welche durch die Gründung eines schlesischen Museums für Kunst und 
Gewerbe bewiesen hat, dass sie sich der Bedeutung des künst- 
lerischen Momentes für die Hebung des heimischen Gewerbes wohl 
bewusst ist. Die schlesische Handels- und Gewerbekammer, der es 
zu verdanken ist, dass nun auch Schlesien an den Resultaten der 
modernen kunstgewerblichen Bewegung Antheil nehmen wird, einer Be- 
wegung, deren läuternde Einwirkung auf den Geschmack, auf die Hebung 
des Handwerkerstaudes, auf die Emancipation unserer lndustrie vorn 
Auslande ganz unverkennbar ist, hat auf die Initiative ihres ersten 
Secretärs Dr. Hartig hin ihr Augenmerk der Hotzenplotzer Spitzen- 
industrie zugewendet. Eine Industrie, welcher schon jetzt Hunderte von 
Familien ihre Existenz verdanken, sollte durch künstlerische Veredelung 
der in ihr vorhandenen Keime lohnender gemacht und in weitere Kreise 
getragen werden. Beruht ja doch die unvergleichliche national-ökonomische 
Bedeutung der Kunstindustrie gegenüber dem nüchtern und praktisch 
x. sa. 1335. 39
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.