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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe I (1886 / 7)

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Trier wird als erfreuliche Ausnahme genannt. Bezüglich der Miniaturmalerei des späten 
Mittelalters wies der Vortragende auf die Wichtigkeit der franzosischen Kunst hin. 
Deutschland, das im hohen Mittelalter dominirt hatte, tritt nun zurück. In llalien nimmt, 
sowie die Architektur, Sculptur und Tafelmalerei, auch die Buchmalerei Theil an der 
großen Bewegung der Renaissance, nicht aber als ob man antike Bilderhandschriften 
oder deren Copien nachgebildet hatte, sondern in dem Sinne, dass man Motive der 
antiken Baukunst und Plastik rnutatis mutandis auf den Miniaturen zur Darstellung 
brachte. Eine Nachemptindung jener auch von Donatello nachgeahmten antiken Gemme 
mit Diomedes findet sich in einer Bilderhandschrift des Cicero, die für die Medici her- 
gestellt worden ist. 
Die allgemeine rasche Verbreitung des Formschnittes bereitet der Miniaturmalerei 
am Ausgange des Mittelalters ihr Ende. Zum Schlusse kommt der Vortragende auf die 
unleugbare historische Bedeutung der Miniaturmalerei zu sprechen; er erinnert hierauf 
daran, dass auch die Kunstindustrie der Gegenwart, der Zeit der Adressen und Diplome, 
ihren Nutzen aus der Beachtung der Vorbilder, namentlich aus carolingischer Zeit, 
ziehen konnte. 
Literatur - Bericht. 
Le Petit-Trianon. Histoire et description. Par G. Desj ardins. Versailles, 
L. Bernard, 1885. gr. 8". 
Das Schloss oder Schlösschen Klein-Trianon, eine Viertelstunde von Versailles 
neben dem großen Garten gelegen, bietet ein doppeltes Interesse, ein historisches und 
ein künstlerisches. Das historische Interesse knüpft sich an die Person der Königin 
Marie Antoinette. Ursprünglich vom Könige Ludwig XV. für die Marquise Pompadour 
erbaut und nach deren Tode ein beliebter Aufenthalt der Gräfin Dubarry, wurde es von" 
seinem Nachfolger der Königin Marie Antoinette als ihr völliges und alleiniges Eigen 
geschenkt, mit dem sie nach Belieben schalten und walten konnte. Die Königin erkor 
es zu ihrem Lieblingsaufenthalte, zu dem sie sich von dem Zwange und Pompe der großen 
Welt zurückziehen wollte, sich, ihren Freunden, ihren Kindern nach ihrer Weise zu leben. 
Hier gab sie ihre ländlichen Feste, die nicht wenig zur Berühmtheit von Trianon bei- 
getragen haben. Jedes Jahr verlebte sie hier einige Wochen oder Monate in Zurück- 
gezogenheit. bis die Ereignisse der Revolution sie an der Wiederkehr verhinderten. - 
Das zweite Interesse ist ein künstlerisches und dieses ist nicht gering. so klein auch das 
Gebaude in seinem Umfange ist. Der Bau fiel gerade in eine Zwischenepoche, als die 
eigentlichen Formen und Ornamente des Rococo sich überlebt hatten und mit erneuerten 
antiken Motiven der Styl Louis XVI. begann. Von diesem Uebergange legt Klein-Trianon 
ein ebenso interessantes wie reizendes Zeugniss ab. Erbaut vom Architekten Gabriel, 
wurde es von verschiedenen Meistern der decorativen Kunst ausgestattet. Aber es ist 
nicht das Haus allein, welches Kunstinteresse bietet, in mindestens ebenso hohem Maße 
ist es auch der Garten. Auch die Gartenkunst stand zu jener Zeit in einer Uabergangs- 
epoche, die in außerordentlich raschem Wechsel von einem Extrem in das andere, von 
dem französischen in den englischen Garten, von dem Kunstgarten in den Naturgarten 
umschlug. Ludwig XV. ließ den Garten noch ganz in französischem Style mit aller 
Regelmaßiglteit und Symmetrie anlegen. Als aber die Königin Marie Antoinette Eigen- 
thümerin wurde, war der neue Geschmack auch schon nach Frankreich gedrungen, und 
der Garten von Ermenonville als der erste das bewunderte Muster des Naturgartens 
geworden. Nun ließ sie durch ihren Architekten Mique auch den Garten von Klein- 
Triunon im neuen Style gauzlich umarbeiten und mit Gebäuden nach englischem Geschmacke 
verzieren, unter denen der Tempel des Amor und das sogenannte Hameau zu besonderer 
Berühmtheit gekommen sind. So ist Trianon auch für die Kunstgeschichte des Gartens 
bedeutungsvoll geworden. Es war der letzte Garten französischen und einer der ersten 
englischen Styles in Frankreich. 
Allen diesen verschiedenen Gesichtspunkten wird das Buch von Desjardins, das 
wir hier zur Anzeige bringen, gerecht. Es ist ein hübscher, schön gedruckter, mit far- 
bigen Abbildungen, Plänen, Radirungen reich ausgestatteter Band. Sein Inhalt, der 
durchaus auf quellen- und actentnaßigen Studien beruht, crzahlt die Geschichte des 
Gebäudes, wie des Gartens mit allem Detail, was das Architektonische, das Persönliche 
und das Finanzielle betrifft. Ueber die Kosten werden von Jahr zu Jahr die genauen 
Daten mitgetheilt. Es werden aber auch die allgemeinen künstlerischen Gesichtspunkte 
sehr treffend angegeben, die Stylarten in ihrem Wechsel, soweit sie an Schloss und 
Garten zur Bedeutung kommen, charakteristisch und geistreich geschildert. Der Verfasser
	        
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