Daniel Specklin. Sein Leben und seine Thätigkeit als Baumeister. Von
Richard Schadow. Inaugural-Dissertatioti. Straßburg, i885. 8".
Eine sehr verdienstliche, fleißige Monographie, wie dergleichen Schriften von
besonderem Werthe für die gründliche Forschung auf dem Gebiete der Künstlergeschichte
heißen müssen. Der Verfasser greift aus dem reichen Materiale, welches der Name
Specklin's für die deutsche Culturgeschichte des I6. Jahrhunderts bezeichnet, selbstver-
standlich nur dasjenige heraus, was den Fortificationsbaumeister, den künstlerischen
Architekten betrifft, ohne den Chronisten, als welcher derselbe nicht minder hohe
Bedeutung hat, desgleichen in den Kreis seiner Betrachtung zu ziehen. Specklin ist auch
lor die österreichische Kunstgeschichte wichtig; er hatte mit den Schallauzern frühzeitige
Verbindung und war zu Komorn, Raab und Wien am Bau der Basteien gegen die
Türken mitbeschaftigt. Seine weiten Reisen durch Deutschland, seine Studien und Arbeiten
in den Niederlanden, für den Herzog von Bayern und für den Rath von Straßburg
werden mit eingehender Quellenforschung gewissenhaft dargestellt. Sehr interessant sind
die Erörterungen über die Stellung dieses geistreichen Architekten zu den Prinzipien der
damals die Welt beherrschenden Befestigungskunst der Italiener. In dem Abschnitte über
Civilarchitektur bespricht der Autor zuerst einige Werke und Bauten in Straßburg,
welche D. Specklin ohne Grund zugeschrieben wurden, verweilt aber ausführlich bei dem
schonen Bau des ehemaligen Stadthauses in Straßburg, der einzig erhaltenen Schopfung
des Künstlers, welche ihn allerdings nden besten Architekten seiner Zeit zur Seite stellti.
Den Schluss bildet eine Notiz über die Zeichnungen und über die Geschichtswerke des
so universell gebildeten, rastlos thatigen Mannes. Ich füge hier hinzu, dass ich einen
Elfenbeinschneider Andreas Speckle kenne, dessen Name auf einem Pokale des 17. Jahr-
hunderts vorkommt. - R. Schadow, ein Schüler Prof. Janitschek's, hat mit vorliegender
Arbeit eine höchst erfreuliche Leistung an den Tag gegeben, welche von strenger
Methodik der Forschung zeugt und allen Anforderungen wissenschaftlicher Kritik ent-
' h . I.
sprie t ü
Needlework as art by Lady M. Alford. London, Sampson Low, Marston,
Searle and Rivington, 1886. 8". 4.22 S.
Eine Dame hat es endlich unternommen, eine Geschichte der gestimmten Nadel-
arbeit zu schreiben, obgleich von Specialwerken auf diesem Gebiete mit Ausnahme von
M. Palliser's Buch über die Spitzen nichts Nennenswerthes vorliegt. Die literarische Pro'
duction der letzten Decennien hat die Stickkunst ganz auffalligerweise vernachlassigt.
Die Erklärung liegt sehr nahe. Ein volles Verständniss für dieses ausschließliche
Schalfensgebiet des weiblichen Geschlechtes setzt die eingehende Kenntniss von Tech-
niken voraus, die eben nur durch weibliche Geduld und Selbstbeschränkung erworben
werden kann. Diese Schranke hatte immerhin einem entschlossenen Forscher nicht
unübersteiglich erscheinen können; was sich aber keinesfalls erwerben oder erlernen
ließ. ist die weibliche Empfindung und Liebe zur selbstgeschalTenen Sache, wofür die
kühle Verständigkeit des Kunstfreundes keinen Ersatz bieten kann. Im Bewusstsein der
Unzulänglichkeit haben sich die vornehmsten literarischen Vertreter der modernen kunst-
gewerblichen Bewegung von diesem Gebiete fernegehalten und den Augenblick abge-
wartet, bis eine von vollem Verstandnisse für den Gegenstand erfüllte Dame den Beruf
in sich fühlte, die Stickkunst auf ihre ästhetischen Gesetze und Bedingungen und auf
ihre historische Entwickelung zu untersuchen. Diesen Beruf hat Lady Alford bereits im
Jahre 1880 durch ein für die Schule von South Kensington verfasstes lHllldbüOk of Art
Needlework- documentirt. Es ist also die Wiege der kunstgewerblichen Reformbewegung
der Gegenwart. von welcher auch der erste Versuch einer umfassenden Geschichte der
Stickkunst ausgegangen ist. Das vorliegende Werk ist darauf angelegt, das ganze Gebiet
der Nadelarbeit in einer Weise zu behandeln, dass es für den heutigen Stand der Textil-
forschung als erschöpfend gelten sollte. Das I. Capitel ist dem Styl gewidmet, insoferne
seine historischen Wandlungen auf die Stickkunst in Charakter und Technik modi-
ficirend eingewirkt haben. Das 2. Capitel enthält Betrachtungen über die Zeichnung vom
ästhetischen Standpunkte; Semper's Ideen geben überall die Grundlage, daneben sind
Charles Blanc's Gesetze der Ornamentation festgehalten. Vom empirischen Standpunkte
wird die Zeichnung im 3. Capitel besprochen; die Muster werden eingetheilt in primitive
(z B. Welle), naturalistisch: (Blumen), ccinventionelle (Kreuz) und geometrische. Daran
reiht sich im 4. Capitel die Behandlung der Stoffe, und zwar von Rohmaterialien, Wolle,
Flachs, Baumwolle, Gold und Seide. Das 5. Capitel ist den Farben gewidmet, das 6. den
einzelnen Techniken der Stickkunst. Es werden hier behandelt: Weißnaherei und_Weil.'_-
stiekei-ei, Goldstickerei, alle Gattungen Stickerei nach gezahlten (Faden, Plattstickerei,
Applicntionsstickerei, Spitzennaherei und schließlich die Tapisserie, die als Mittelding
zwischen Weberei und Nadelarbeit nur in bedingtem Maße hieher gehort. Das 7. Capitel