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Zeit den Gläubigen sichtbar, nur vor der unmittelbaren Berührung durch
ein durchsichtiges Glas oder Krystall geschützt, zur Verehrung aus-
gestellt werde.
Aus diesem Grundsatze ergibt sich von selbst die Eintheilung, wie
ich den riesigen Stoß zu behandeln gedenke.
Ich spreche also zunächst von der Aufbewahrung der Reliquien an
einem Orte, wo sie den Augen der Beschauer für immer entzogen bleiben
sollen. Es ist das zunächst der Sarg. Eine andere Aufbewahrungsweise
der Heiligenreste, als die im Sarge, konnte sich das christliche Alterthum
nicht denken. Aber nicht die Gebeine der heil. Märtyrer allein wurden
in den Sarg gelegt: auch die Schwämme, mit denen ihr zur Erde geflos-
senes Blut aufgesogen wurde; auch die Erde, die befeuchtet war von
ihrem Blute; auch die Kleiderstücke, die etwa ihnen abgerissen worden,
oft auch die Marterwerkzeuge selber. Wenn fromme Andacht Stücke
davon entwendete, wenn durch Ankauf von den Henkern Theilchen in
Privatbesitz kamen, stieß ein solches Vorgehen auf heftigen Widerstand
von Seite der christlichen Behörden ").
Der aus Holz, später (seit dem 3. Jahrhunderte) auch aus Blei
gefertigte Sarg wurde in den Sarkophag gestellt; manchmal kam die
Leiche direct in den Steinsarkophag. Der Sarkophag wurde entweder in
die Erde versenkt oder er wurde, namentlich in den Katakomben, in
Nischen gestellt, welche meist im Rundbogen überwölbt waren. Die Sar-
kophage wurden meist beim- heidnischen Steinmetze gekauft, der es wohl
bald heraus hatte, welchen Darstellungen die Christen den Vorzug
gaben: Darstellungen nämlich, welche leicht in christlicher Symbolik
umzudeuten waren. Ich kann mich auf die Darstellungen der Sarkophage
nicht einlassen, kann den Zeitpunkt nicht einmal berühren, da die Malereien
der Katakomben auf die Sarkophagbilder Einfluss zu nehmen beginnen,
sondern erwähne nur, dass schon in altchristlichen Sarkophagen die
Architekturformen (Säulenstellung mit Rundbogen) als Einrahmung für
die darunter gestellten Figuren dienen: es muthet uns eben nur als alt-
christliche Reminiscenz an, wenn wir dieselbe Erscheinung in viel späterer
Zeit in den Reliquiaren wiederfinden.
An den Gräbern der heil. Märtyrer fanden sich die Christen zum
Gebete ein und neben dem Altare stand oft der Sarg, oder der Altar
stand über dem Grabe: ja sehr bald entwickelte sich der bald (272)
Gesetzeskraft erhaltende Gebrauch, dass die heil. Messe nur über den
Reliquien der Heiligen, die entweder im Boden unter dem Altare oder im
Altare selbst einzuschließen waren, gefeiert werden durfte. So haben die
Reliquien auf den Altar selbst langsam, aber kräftig einen formgebenden
Einfluss ausgeübt: Die Platte ist vom alten Altar, dem Tische, auf
') Nach Kraus, Real-Encyklopädie der christl. Alterthürner, Art. Reliquien (Q. 687),
welcher von mir vielfach ausgebeutet worden ist.
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