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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe I (1886 / 10)

periode in der Zeit der Ottonen in deutsche Kunstentwickelung einzu- 
schieben. 
ln Frankreich blühte trotz Normanneneinfällen 877 der "sel. Per- 
petuus, Goldschmied in Angers, welcher zwei Reliquiare in Form von 
Kirchen machte; es wird der Sarg des heil. Remigius gerühmt; zwei 
Canoniker von Sens arbeiteten an einem goldenen Antependium, es blühten 
schon Limoges und noch mehrere andere. Hugo Capefs Erhebung be- 
zeichnete für Frankreich einen ähnlichen, nur nicht so hochbedeutenden 
Aufschwung wie die Erhebung der Ottonen in Deutschland Diesen 
Aufschwung bringt man, nicht mit vollem Recht, mit den Griechen in 
Verbindung, welche die Kaiserstochter Theophanu an den Hof Otto Il. 
gebracht haben soll. Mag ja' sein, dass ein paar griechische Meister 
mitgekommen seien und die Barbaren unterrichteten, und dass die 
von Theophanu mitgebrachten Schätze Anstoß zu besserer Zeichnung, zu 
feinerer Technik gaben: aberdie Kunstrenaissance, gerade wie die ersteKunst- 
regung unter Karl dem Großen, verdankt Deutschland nicht den Griechen. 
Denn Gold- und Silbergeschmeide, werthvolles Tafelgeschirr, sowie werth- 
volle Gefäße in der Hofkirche liebten schon die Kaiser vor der Ankunft 
der Theophanu, und die Kunstschulen waren schon da, wo prächtige 
Erzeugnisse entstanden; Zeugen sind das Kreuz des Lothar aus dem 9. 
Jahrh., nur in barbarischer Weise mit Edelsteinen und Filigran so überladen, 
wie das Reliquiar in unserer kaiserl. Schatzkammer"); dann das Re- 
liquiar des heil. Andreas von Trier mit der Inschrift des Bischofs Egbert 
(977). Schulen waren da, fähig genug, die Vorbilder und Lehren schnell 
zu fassen, ja bald über dieselben hinauszuwachsen. Von da an ist das byzan- 
tinische Zellenemail nicht mehr der sichere Anhaltspunkt für dieBestimmung 
der byzantinischen Erzeugnisse, denn auch am Rheine kannte man diese 
Technik, neben dem heimischen Email champleve; ein Kreuz von Essen 
mit Email cloisonne ist dafür Zeuge. Zudem gehört der Aufschwung, 
namentlich nach der unbyzantinischen, plastischen Seite hin in eine Zeit, 
da die Theophanu lange nicht mehr lebte. Die ersten Arbeiten des 
berühmten Trägers jener Kunstperiode, des Goldschmied-Bischofs Bern- 
ward von Hildesheim, sein Hildesheimer Kreuz mit 230 Edelsteinen auf 
neun festgenieteten "Goldplättchen befindet sich nicht auf byzantinischem 
Wege, sondern ist in der Weise des Lotharkreuzes ausgeführt, so dass die 
Edelsteinfassung die Hauptsache wird. Das andere Kreuz, das seine Inschrift 
trägt, hat in unbyzantinischer Weise die aus Silber gegossene Vollfigur des 
Gekreuzigten. Als er aus Italien zurückkam, da war sein Sinn auf Höheres 
gestellt. Er schuf die berühmte Bernwardsäule und die Hildesheimer 
Thüre, und zeigt darin einen freilich zunächst noch nicht durch die 
Schönheitsrnaße geregelten plastischen Sinn. Seine Vorgänger und 
Mitstreber: Willigis v. Mainz, Egbert v. Trier und er selber sind in ihren 
') Bpck, Pfalzcapclle. 
. pag. 64, Oesxerr. Atlas. LXXXV,
	        
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