Allerheiligsten, wie er den heil. Tisch incensirt und der Engel ihm
erscheint; auf dem Tische steht ein riesiger romanischer Kelch, welcher
sichtlich ein Nachbild des Kelches vom Titusbogen sein soll; dann unten
ist Zacharias dargestellt im Vorbote, sich den Mund zuhaltend, wie er
aus dem Heiligthume kommt, das von siebenarmigem Leuchter erhellt
ist und in dessen Hintergrund der mit einem Teppiche verhlillte Eingang
zum Allerheiligsten erkennbar ist. Hier sind auf einem Bilde Tisch, Kelch
und siebenarmiger Leuchter dargestellt. - Aber der Kelch hat noch
nicht den richtigen Fuß, er soll auch den jüdischen Kelch darstellen,
und nur die Cuppa (die am Titusbogen auch nur einzig zu sehen ist)
erinnert an die romanische Form. Beim letzten Abendmahle Jesu stehen
auf dem Tische (Bl. 18) die antikisirenden Formen, die ich oben be-
sprachen. Näher kommt der romanischen Form der eine Kelch von der
Hochzeit zu Kana (ib. Bild 8). - Aber ganz zu einem romanischen
Kelche ist der Leidenskelch geworden, welcher beim Gebete Jesu am
Oelberge im Codex von Lammspring (Pfarrbibliothek von St. Godehard
in Hildesheim) gezeichnet ist. So drang vom Titusbogen aus die roma-
nische Kelchform in die Goldschmiedekunst ein, als eine Mischung zwischen
der halbrunden Kuppe des dort abgebildeten Kelches, mit dem gewöhn-
lichen knaufgezierten Ständer.
Theophilus, der Mönch von Helwardshausen (iz. Jahrhundert), kennt
nur den romanischen Kelch, den kleinen wie den henkelbesetzten großen
Kelch, wie uns einer im Wiltenerkelche sich darstellt; am großen
Kelche will er den Bauch der Cuppa gerippt haben (ähnlich dem Salz-
burger Communionkelch); er beschreibt, wie der Goldkelch mit Edel-
stein, Filigran und Electrum (Email cloisonne) zu zieren ist.
Das war die schönste Zeit für die Goldschmiedekunst; unbeirrt
durch die gewaltige Schwester, die Architektur, schaffte sie in stiller
Werkstatt, nur gehorchend den Vorschriften, die das Materiale selber und
eine uralte Kunstliberlieferung gab und folgend dem eigenen Kunsttriebe,
der das hl. Gefäß so würdig schmücken hieß, als es nur die Hände zu-
sammenbrachten und der Besteller es angab, und seine Mittel es gestatteten.
Darum aber auch jene reiche Iconographie auf den Kelchen, theils weil die
Erzeuger Mönche waren, theils weil der Laiengoldschmied noch nicht den
zerstreuenden Ehrgeiz kannte, architektonische Schwierigkeiten in Gold
und Silber lösen, es den Architekten gleichmachen zu wollen.
Man möge mir die Aufzählung der noch vorhandenen romanischen
Kelche erlassen. Nur den Salzburger großen Communionkelch möchte ich
erwähnen, weil er mit seiner Nachbildung culischer (arab.) Schriftzüge
unmittelbar an das Ciborium von Limoges erinnert, welches die Inschrift
trägt: nMagiterG) Alpais me fecit Lemovicarumu '). Dorthin dürfte auch
die Heimat des Salzburger Kelches zu verlegen sein.
") lm Louvre. Ann. arch. XIV, pag. 5; - Arundel Society Eccles. Taf. 3; -
Viollet le Duc, Mob. ll, pag. zu.