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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe II (1887 / 5)

Allerheiligsten, wie er den heil. Tisch incensirt und der Engel ihm 
erscheint; auf dem Tische steht ein riesiger romanischer Kelch, welcher 
sichtlich ein Nachbild des Kelches vom Titusbogen sein soll; dann unten 
ist Zacharias dargestellt im Vorbote, sich den Mund zuhaltend, wie er 
aus dem Heiligthume kommt, das von siebenarmigem Leuchter erhellt 
ist und in dessen Hintergrund der mit einem Teppiche verhlillte Eingang 
zum Allerheiligsten erkennbar ist. Hier sind auf einem Bilde Tisch, Kelch 
und siebenarmiger Leuchter dargestellt. - Aber der Kelch hat noch 
nicht den richtigen Fuß, er soll auch den jüdischen Kelch darstellen, 
und nur die Cuppa (die am Titusbogen auch nur einzig zu sehen ist) 
erinnert an die romanische Form. Beim letzten Abendmahle Jesu stehen 
auf dem Tische (Bl. 18) die antikisirenden Formen, die ich oben be- 
sprachen. Näher kommt der romanischen Form der eine Kelch von der 
Hochzeit zu Kana (ib. Bild 8). - Aber ganz zu einem romanischen 
Kelche ist der Leidenskelch geworden, welcher beim Gebete Jesu am 
Oelberge im Codex von Lammspring (Pfarrbibliothek von St. Godehard 
in Hildesheim) gezeichnet ist. So drang vom Titusbogen aus die roma- 
nische Kelchform in die Goldschmiedekunst ein, als eine Mischung zwischen 
der halbrunden Kuppe des dort abgebildeten Kelches, mit dem gewöhn- 
lichen knaufgezierten Ständer. 
Theophilus, der Mönch von Helwardshausen (iz. Jahrhundert), kennt 
nur den romanischen Kelch, den kleinen wie den henkelbesetzten großen 
Kelch, wie uns einer im Wiltenerkelche sich darstellt; am großen 
Kelche will er den Bauch der Cuppa gerippt haben (ähnlich dem Salz- 
burger Communionkelch); er beschreibt, wie der Goldkelch mit Edel- 
stein, Filigran und Electrum (Email cloisonne) zu zieren ist. 
Das war die schönste Zeit für die Goldschmiedekunst; unbeirrt 
durch die gewaltige Schwester, die Architektur, schaffte sie in stiller 
Werkstatt, nur gehorchend den Vorschriften, die das Materiale selber und 
eine uralte Kunstliberlieferung gab und folgend dem eigenen Kunsttriebe, 
der das hl. Gefäß so würdig schmücken hieß, als es nur die Hände zu- 
sammenbrachten und der Besteller es angab, und seine Mittel es gestatteten. 
Darum aber auch jene reiche Iconographie auf den Kelchen, theils weil die 
Erzeuger Mönche waren, theils weil der Laiengoldschmied noch nicht den 
zerstreuenden Ehrgeiz kannte, architektonische Schwierigkeiten in Gold 
und Silber lösen, es den Architekten gleichmachen zu wollen. 
Man möge mir die Aufzählung der noch vorhandenen romanischen 
Kelche erlassen. Nur den Salzburger großen Communionkelch möchte ich 
erwähnen, weil er mit seiner Nachbildung culischer (arab.) Schriftzüge 
unmittelbar an das Ciborium von Limoges erinnert, welches die Inschrift 
trägt: nMagiterG) Alpais me fecit Lemovicarumu '). Dorthin dürfte auch 
die Heimat des Salzburger Kelches zu verlegen sein. 
") lm Louvre. Ann. arch. XIV, pag. 5; - Arundel Society Eccles. Taf. 3; - 
Viollet le Duc, Mob. ll, pag. zu.
	        
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