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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe II (1887 / 9)

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Ohrgehänge, welche den Halbmond zur Grundform haben, wurden in 
der Krim gefunden. Hier ist es aber stets eine Rosette, welche den Ver- 
bindungspunkt verhüllt. Die herabhängenden Kettchen sind bei diesen 
Ohrgehängen in ein complicirtes System gebracht, kreuzen und verbinden 
sich an geeigneten Punkten, endigen in größere und kleinere spitz 
zulaufende Tropfen, die mitunter amphoraartige Bildungen annehmen 
und ihrerseits wieder mit feinstem Filigran verziert sind, während 
an den Ansatz- und Kreuzungspunkten der Kettchen kleine Rosetten 
angebracht sind. Die beiden Spitzen des Halbmondes sind mit Blumen 
oder Palmetten verziert. An einem Beispiele sehen wir auch je eine san- 
dalenlösende Nike von zierlichster Feinheit an diesen Punkten befestigt. 
ln einem anderen Falle sind hier zwei stehende Siegesgöttinnen sichtbar, 
zwischen welchen auf einem Viergespann ein Sieger von einer Nike 
begleitet einherfährt. Nike und Amor, das sind die auf Schmuckgegen- 
ständen häufigsten Figuren. Decorativ außerordentlich werthvoll, ihrem 
Wesen nach nicht bedeutungslos und doch dem Künstler wenig Zwang 
auferlegend, hat die zu voller Freiheit emporgeblühte griechische Kunst 
diese zwei Gestalten immer wieder und in mannigfachster Weise ver- 
wendet. Victorien zur Seite des l-lelios bilden auch den figürlichen 
Schmuck eines etruskischen Ohrgehänges aus der ehemaligen Collection 
Campana in Paris, welches zu den bewunderungswürdigsten Beispielen 
vollendeter Minuteriearbeit gehört. Ueber einem Halbmond, dessen Spitzen 
mit Palmetten verziert sind, erhebt sich die Quadriga des Sonnengottes, 
unter dem Halbmonde aber hängt eine trichterförmige Glocke herab, auf 
welcher zu beiden Seiten Siegesgöttinnen stehen, in der einen Hand eine 
Blume, in der anderen eine Trophäe haltend. Den Abschluss nach unten 
bildet ein complicirtes System von Kettchen mit Amphoren, Rosetten, 
Palmetten u. dgl. 
Sehen wir an diesen Beispielen den ursprünglichen Ring zur kaum 
mehr verständlichen Form des Halbmondes umgebildet, so schwindet 
später die Retniniscenz an den Ring ganz und es bleibt nur jener den 
Dornansatz verhüllende Bestandtheil übrig, der sich nun zu prächtigen 
Scheiben und Rosetten entwickelt. Ein außergewöhnlich großes derartiges 
Gehänge, als Bestandtheil einer üppigen, für feierliche Gelegenheiten 
bestimmten Schmuckgarnitur, ist jenes berühmte Ohrgehänge der Demeter- 
Priesterin in der Eremitage '). Wegen seiner Größe und Schwere (es ist 
16 Centimeter lang und 7'], Centimeter breit) konnte dieses Gehänge 
nicht am Ohre befestigt werden, sondern war mit dem Kopfschmuck in 
Verbindung gebracht, so dass es, die Ohren bedeckend, eine prächtige 
Umrahmung des Antlitzes bildete. Dieses Stück ist mit der größten 
Meisterschaft des 4.. Jahrhunderts ausgeführt. Auf der Scheibe ist in 
getriebener Arbeit Thetis dargestellt, welche auf einem Hippokampen 
') Compte rendu 186;, T. ll.
	        
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