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auf Auffindung und Erwerbung bezüglichen Stellen Interesse verdienen. Die zweite,
nicht viel größere Hälfte des Buches nimmt eine sachgemäße Beschreibung der {in vier
Photogravuren reproducirten Teppiche von J. Guitfrey ein. Auffallend ist, dass beide
Autoren in mehrfachen Punkten abweichende Meinungen abgeben. So legt GuiiTrey den
anscheinend sinnlos verstreuten Buchstaben lediglich ornamentale Bedeutung bei, während
Marmottan dieselben für Monogramme der an der Wirkerei betheiligten Arbeiter hält.
Noch wesentlicher ist die Differenz in der Frage nach dem Entstehungsorte. Marmottan
erklärt die Gobelins ohne Weiteres für liämisch, Guitfrey für französisch, freilich mit
dem Eingeständnisse, greifbare Gründe dafür nicht vorbringen zu können; er urtheilt
hierin nur nach dem Takt, und dem französischen Leser wird es nicht schwer fallen,
sich dem Takte eines vielerprobten Kenners und Patrioten anzuvertrauen. Rgl.
er
Kritische Verzeichnisse von Werken hervorragender Kupferstecher. I. Georg
Friedrich Schmidt, von J. E. Wessely. II. Richard Earlom, von dem-
selben. Hamburg, Haendcke 8: Lehmkuhl, i886j87. XXXV, 108 5.,
VIII, 94. S. 8".
Professor Wessely, der verdienstvolle Vorstand der Kupferstichsammlung in Braun-
schweig, weiB selbst zu genau, was in Bezug auf Katalogisirung und kunsthistorische
Verwerthung der Erzeugnisse graphischer Kunst Noth thut, als dass die Wahl der Meister
in seinen neuesten Monographien nicht allgemeine Zustimmung finden sollte. Das gilt
besonders bezüglich des G. F. Schmidt, der in den trübsten Tagen deutscher Kunst gleich
einem Meteor erscheint und dessen Blätter, Dank seiner gediegenen Technik und vor-
nehmen Auffassung, ihren Werth bis heute unvermindert behauptet haben. Und zieht
man die älteren Vorarbeiten eines Crayen und Jacobi zur Vergleichung heran, so stellt
sich trotz diesen Wessely's neuer Schmidt-Katalog als eine höchst willkommene Berei-
cherung unserer Literatur der Kupferstichkunde heraus, in jedem Betracht allen Anfor-
derungen entsprechend, welche man an solche Arbeiten zu stellen berechtigt ist. Gleich
in der Einleitung Enden mehrfache lrrthümer der älteren Biographen ihre Berichtigung,
und die Aufzählung und Beschreibung von Schmidt's Blättern ist vollständiger, präciser
und praktischer als bei Jacohi. Etwas unklar bleiben auch bei Wessely nur die Bestim-
mungen jener Blätter, welche den Namen eines Busch in Berlin, oder Lancret in Paris,
eines Grekow oder Tschemessow in Petersburg tragen, gleichwohl aber oft als Blätter
Schmidt's angeführt werden, weil dieser einen mehr oder minder bedeutenden Antheil an
denselben'gehabt haben soll. Es muss jedoch zugestanden werden, dass Wessely in seinen
Zuweisungen weit kritischer und vorsichtiger zu Werke geht, als der Franzose Bocher
oder der Russe Wassiltschikow. Wenn der Referent in der Lage ist, im Nachfolgenden
einige Beiträge zur Etatbestimmung der Schmidfschen Blätter zu liefern, so ist er weit
entfernt, sich deshalb gegenüber der Arbeit Wessely's überheben zu wollen. Er ist sich
zu sehr bewusst, dass solche Beiträge nicht Ergebnisse größeren Wissens oder tieferer
Forschung, sondern zumeist Zufallshxnde sind, wenn man glücklicher Weise die Schätze
einer gro en Kupferstichsamrnlung für sein Studium zugänglich hat.
Als solche kleine Nachträge zu einzelnen Nummern Wessely's seien hier folgende
aufgezählt: Nr. 4., August lll. vor dem Wappen und vor aller Schrift; Nr. 26, Dies
trich, ohne die Disticha, für welche überhaupt der Raum fehlen dürfte. Bei Nr. 75,
Oertel, konnen als Erkennungszeichen eines ersten Zustandes ein langer Stichelfahrer
rechts und vier kürzere links angeführt werden, welche später verschwinden. Bei Nr. 76,
Osterwald, ist die Jahrzahl 174.4. getilgt und statt Boyve's Adresse steht: Societä
typographique de Neuchatel en Suisse. VonNrJ33, juge ndliches Alter, kommen spätere
Abdrücke, ohne Schrift und von _verkleinerter Platte vor, so dass nicht mehr ganze Fi-
guren erscheinen. Schließlich sei erwähnt, dass die Wiener Hofbibliothek von der Suite
der Kurfürsten von Brandenburg, Nr. 219 u. ff., Abdrücke vor aller Schrift besitzt.
Wenn Wessely's Katalog zu Schmidt als eine wesentliche Verbesserung der bereits
vorhandenen Literatur über diesen Stecher willkommen geheißen wurde, so müssen wir
sein kritisches Verzeicbniss der Blätter eines Earlom um so freudiger begrüßen, als
dieser Meister aller Scblbkünstler bisher keinerlei erschöpfende Bearbeitung gefunden
hatte. Ein Artikel im Art Journal 1886 war mehr resumirend und schildernd, als in der
Art eines Catalogue raisonne, wie ihn Wessely auch für Earlom in mustergiltiger Weise
liefert, überall nur das Sichere, ihm klar Vorliegende beschreibend, dagegen das ver-
muthungaweise oder unverlässlichen Quellen Entnommen: als problematisch in einen
Anhang verweisend. Dank dem außerordentlichen Fleiße Wesselfs schrumpfte dieser
zweifelhafte Anhang nur auf sieben Nummern zusammen, und wir freuen uns, diese
geringe Zahl um weitere zwei Nummern beschränken zu können: Wesselfs Anhang
Nr. 3 nach Raym. La Fage, Tanz von Satyrn und Nymphen. Drei von ihnen bekrlnzen
links einen sitzenden Mann, welcher in der gesenkten Rechten eine Lyra hält. Radirung