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Objekt: Monatszeitschrift XIX (1916 / Heft 1 und 2)

blick fordern, wo an ihre Leistungen so hohe AnsprÃŒche gestellt werden. 
Anderseits ist die Frage des Geschmacks nicht minder klar zu unseren 
Gunsten entschieden worden. Der Weltkrieg hat eine Entwicklung unter- 
brochen, die zielbewußt und erfolgreich unsere Eigenart zur Geltung 
brachte. Seit 1900, als zum ersten Male die deutsche Arbeit in Paris 
Ìberlegen und siegreich auftrat, hat eine Reihe von öffentlichen Schau- 
stellungen die wachsende Kraft einer neuzeitlichen Gestaltungsweise  
vorerst im Kunstgewerbe, dann im gesamten Bauwesen  gezeigt, 
deren StÀrkstes Entwicklungsgebiet Mitteleuropa  mit Ausschluß Frank- 
reichs  bildet. 
In Bezug auf die kÃŒnstlerische FÃŒhrung hat dabei Österreich zu 
wiederholten Malen  kÌrzlich erst wieder auf der Kölner Werkbund- 
ausstellung  bewiesen, daß an der Donau einige der stÀrksten treibenden 
KrÀfte heimisch sind. 
Frankreich hingegen hat in der ausschließlichen Betonung sogenannter 
geschichtlicher Überlieferungen, die aber schon lange ihre wahre LebensfÀhig- 
keit eingebÌßt haben, die alte Vormachtstellung auf dem Gebiete des Kunst- 
gewerbes nur mit Scheinerfolgen aufrecht zu halten verstanden. Ohne 
lebendige WeiterfÌhrung durch schöpferische Ideen, nur mit AusnÌtzung 
entwickelter technischer, wirtschaftlicher und industrieller Einrichtungen 
und weitverbreiteter Vorurteile gelang es Frankreich, ÃŒber die innere 
Stagnation hinwegzutÀuschen. 
Dies drÌckte sich auch in dem Zögern aus, das Frankreich seit 1900 
verhinderte, mit einer großen Ausstellung der Kunstgewerbe die Welt- 
konkurrenz herauszufordern, so oft dieser Gedanke auch dort ventiliert 
wurde. 
Anderseits liegt in dem siegreichen Eindringen neuer kÃŒnstlerischer 
Formgebung und Gestaltungsweise auf so vielen Gebieten der Produktion 
und des tÀglichen Lebens fÃŒr uns die sichere GewÀhr, daß es bei uns nicht  
ein zufÀlliges oder von einzelnen propagiertes, sondern ein tiefliegendes, 
allgemein empfundenes BedÃŒrfnis zu erfÃŒllen gibt, das einer neuen Zeit, 
neuen Lebensformen und neuen Zielen seine Entstehung verdankt. 
Daß die Mode unbewußt einem unsichtbaren Regenten gehorcht, „der 
sie nötigt, den inneren Charakter einer Zeit, ihre Stimmung, Gesinnung, 
Auffassung, Sitte symbolisch im Äußern, im Kleide darzustellen", hat Fr. 
Th. Vischer schon 1879 in einer geistreichen und temperamentvollen Studie 
ausgesprochen ("Mode und Cynismus"). „Es ist ein Instinkt, ein ganz dunkler 
Trieb, an dem der geheime Regent die Menschen packt und durch den er 
sie nötigt, durch ihre HÌlle zu enthÌllen, wie ihnen zu Mut ist. Dieser Instinkt 
ist es, der nicht nur die Tracht, sondem auch die Mode schafft"         
„Auch die Mode drÃŒckt im dunklen Drange noch etwas anderes aus, als sie 
will, und die scheinbar höchst naturlose Unruhe ihres immer rapideren 
Wechsels ist eben das unfreiwillige GestÀndnis, daß es die Geister sind, 
deren sich die Hast, die Unmuße bemÀchtigt hat"      „Die Mode ist
	        
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