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Interessantes: Schmittner war Schlossergeselle bei einem Meister in Wien
gewesen, jenem Orte, wo das Prachtgitter des Barockstiles ganz hervor-
ragende Leistungen aufzuweisen hat, wie das von mir und Käbdebo her-
ausgegebene Werk: "Wiener Schmiedewerk des XVIII. Jahrhundertsc,
zur Genüge bestätigt. Es ist daher selbstverständlich, dass wir in den
Stichen seines Schlosser-ReiB-Buches deutliche Anklänge an den Stil
jener gleichzeitigen classischen Wiener Schlosserkunst und ihre ausge-
führten Arbeiten selbst entdecken. Solches ist erstens im Allgemeinen
der Fall, indem der Typus im Großen und Ganzen sich deckt, aber es
begegnen auch Aehnlichkeiten im Einzelnen. So vergleiche man z. B_
die 7. Tafel bei Schmittner mit der u. des genannten Lichtdruckwerkes,
dem Meidlingerthor in Schönbrunn. Beide verhalten sich zu einander
wie zwei verschiedene Lösungen derselben Aufgabe, übereinstimmend in
der Anlage und Eintheilung, zwar abweichend im Detail, doch analog
in den Hauptmotiven, z. B. der Vasennische in den Seitenilügeln, der
palmettenartigen Bekrönung des Mittelstückes etc. Andererseits erinnert
dieser Aufbau der Bekrönung bei Schmittner wieder sehr stark an Bl. 31,
eines der Portalgitter vom Kloster der Salesianerinnen: der kaiserliche
Adler, der rautenförmige, durchbrochene Hintergrund, der Volutenfries
des Gesimses, die blüthenförmige Füllung der seitlichen Doppelschnecken
- das stimmt ganz auffallend. Das Oberlichtgitter auf Schmittneris
' 6. Tafel steht in Relation zu unseren Blättern 25 und 49, zwei Ober-
lichtgitter in Fischer's von Erlach Palais Trautson (Ungar. Garde). Da
haben wir dieselben - sonst seltenen - Motive lorbeergekränzter," anti-
kisirender Büsten, die sitzenden Adler, die dreizackigen Schabracken.
Der fleißige Schlosser-Kupferstecher hat also an dem prachtvollen
Eisengeschmeide in seiner Vaterstadt Studien gemacht, die er nach
eigener Erfindung verwendete, variirte, umcomponirte. Leider kennen
wir den Namen seines Lehrherrn ebenfalls nicht; wäre es aber auch der
Fall, so schiene es uns dennoch übereilg, den Schluss zu ziehen, dass
jener Schlosser der Verfertiger des Meidlingerthores und der Oberlicht-
lünetten im Palais Trautson sein müsse. Denn schon die chronologischen
Verhältnisse sind dagegen, indem letztere um 17:2, ersteres erst nach
1740 entstanden. Nein, der Schüler hat in seinem Reißbuch keineswegs
blos die Arbeiten seiner Werkstätte im Auge gehabt, sondern überall im
schönen Wien nach Motiven seines Zweckes gesucht. llg.