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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe VIII (1873 / 92)

geringer wird auch die Summe der von ihr gesammelten Erfahrungen 
sein, je grösser hingegen dieser Kreis ist, desto öfter wird der Zufall oder 
die vorziiglichere Begabung des Einzelnen zu Erfindungen führen, die 
dann von der Gesammtheit benützt und vervollkommnet werden. S0 ist 
es auch mit jeder Benutzung der uns von der Natur gebotenen Schätze. 
Nicht alle Producte der verschiedenen Länder bieten dem Menschen die 
gleiche Gelegenheit, seine Bedürfnisse zu befriedigen. Die Culturpfianze, 
die uns nährt, oder deren Pflanzenfasern uns wichtig wurden, gedeiht nicht 
in allen Ländern und wurde offenbar dort zuerst vervollkommnet, wo sie 
auch im wilden Zustande benutzt werden kann. Dasselbe gilt von der 
Benutzung der Thierabfälle, oder der Zähmung der Thiere selbst, so dass 
wir nur aus jenen Ländern die Haus- und Nutzthiere erhalten konnten, in 
denen ähnliche Thierarten im wilden Zustande heimisch waren. Unsere 
Eingebornen der Mamrnuthzeit fanden im rauhen Klima, in der nördlichen 
Flora keine Pflanzen, deren weitere Cultur sie zum Ackerbau führte, und 
von der Fauna dürfte es nur ein kleiner Ochse, die Brachyceros-Race, 
nach Reitmcyer auch der Urochs und das Wildschwein gewesen sein, 
welche dem Menschen dienstbar gemacht werden konnte, denn das Pferd 
der Jetztzeit scheint wesentlich vom Diluvialen, verschieden. Das Renn- 
thier aber, welches in einigen Höhlen massenhaft auftritt, setzt den Hund 
voraus, um es in ähnlicher Weise wie die Samojeden und Lappen als 
Hausthier benutzen zu können, weil er die Heerde zu behüten und das 
Thier einzufangen im Stande ist. Ohne ihn, meint man, würde auch 
jetzt die Erhaltung der Rennthierheerde unmöglich sein. Dieser Hund 
aber war wohl kaum noch der Genosse des damaligen Menschen. Wie 
weit die Wolle des Mammuths zu irgend welcher Industrie diente, wissen 
wir nicht. Nur ganz ausnahmsweise günstige Verhältnisse könnten uns 
übrigens aus jener Zeit die leicht verweslichen Bestandtheile ähnlicher 
Arbeit erhalten haben, sowie z. B. einige Pfahlbauten uns einen tiefen 
Einblick in die Industrie-Verhältnisse der späteren Zeit gewähren. Dies 
geschah aber nicht, und so kennen wir jenen Urmenschen nur als Jäger, 
denken ihn uns als Höhlenbewohner mit Thierfellen bekleidet. Als sol- 
cher kommt er aber nicht nur in Central-Europa, sondern auch in 
Spanien, Portugal, Italien, Sicilien, Egypten, ja selbst in Japan vor, wo 
ganz gleiche Feuersteinsplitter, aus Höhlen stammend, von Vibraye ver- 
öffentlicht wurden. 
Wenn nun auch Niemand, glaube ich, den Ursprung des Menschen 
in Europa suchen wird, so ist man doch über die Zeit der Einwande- 
rung und über die Fortexistenz derselben Race verschiedener Ansicht, 
wie Sie hörten, und die Kunstproducte der Rennthierzeit lassen an eine 
stufenweise Entwicklung desselben Volkes zur späteren Steinzeit schon 
deshalb zweifeln, weil in ihr keinerlei plastisch iigurale Arbeit vorkommt, 
und weil diese Steinzeit sich schon im Besitze sehr vieler Culturptiattzen 
und der meisten Hausthiere befindet. 
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