Nr. 8
INTERNATIONALE SAMMLER-ZEITUNG
Seite 71
■Dampfschiffes, der „Savannah“. Nunmehr gab die kanadische
Post ebenfalls eine Gedenkmarke aus, aber für das kanadische
Dampsdhiff „Royal William“, In der Oeffentlichkeit entstand
nun ein Streit, welches Boot tatsächlich als erstes Dampfschiff
den Atlantischen Ozean überquert habe; die Kanadier erklär
ten, die „Savannah“ habe einen Teil der Fahrt unter Segel
ausgeführt, erst dem „'Royal William“ sei die Ueberquerung
mit Dampfkraft allein gelungen. Dies geben die Amerikaner
zwar zu, doch behaupten sie dasselbe vom „Royal William''
und stützen diese 'Behauptung mit der Abbildung des „Royal
William" auf der kanadischen Gedenkmarke, wo dieses Boot
ohne 'Schaufelräder afogebildet ist, also entweder segeln mußte
oder sich der damals noch gar nicht erfundenen Schiffsschraube
hätte bedienen müssen. Es scheint, daß die Kanadier diesen
Streit um die historische Eretüberquerung des Ozeans durch
die wenig sorgfältige Wiedergabe ihres berühmten Schiffes auf
der Gedenkbriefmarke selbst zu ihren Ungunstsn entschieden
haben.
VERSCHIEDENES
(Otto H. Kahn f.) Der am 29. März in New York
plötzlich verstorbene Bankier Otto IH. Kahn zählte zu den
bedeutendsten Kunstsammlern Amerikas. Er rivalisierte mit
Piehpont Morgan, dem er so manchen kostbaren Nieder
länder abjagte. Großes Aufsehen erregte es, als er im Jahre
1910 für das Gruppenbild von Frans Hals „Der Künstler und
seine Familie“ den Riesenpreis von 2 Millionen Mark zahlte,
Otto H. Kahn sammelte außer den 'Niederländern des 17. Jahr
hunderts die Bildnisse der großen Porträtisten des 18. Jahr
hunderte, wie Gainsborough, Reynolds, Raeburn und Hoppner.
Welche Verfügungen er bezüglich seiner Sammlungen getroffen
hat, ist noch nicht bekannt,
(Tod bekannter Sammler.) In Eggenburg, N.-Oe., ist
der dortige Notar Dr. 'Eugen Frischauf gestorben, der als
Sammler bekannt war. 'Große Verdienste erwarb sich Doktor
Frischauf um die Gründung und Erhaltung des dortigen
K rahul e t z -Muse ums.
(Schloßbrand in Thüringen.) In dem in seinen Grund
mauern aus dem 12. Jahrhundert stammenden und im 16. Jahr
hundert erweiterten Schloßbau des Kranichlfelder Ober
schlosses brach ein Brand aus, der die kulturhistorisch wert
volle iSchloßanlage bis auf die Grundmauern vernichtete. Das
Schloß enthielt wertvolle Sammlungen, unter anderem eine
Rüstkammer und eine Anzahl Gemälde, übe'r deren Schicksal
man noch im ungewissen ist,
(Der Hermes von Praxiteles vor Erdbeben geschützt.) Aus
Athen wird berichtet: Das schönste Denkmal männlicher
Schönheit, das uns die Antike hinterlassen hat, der von dem
Archäologen Gurt ins bei den Ausgrabungen in Olympia 1874
aufgefundene Hermes des griechischen Bildhauers Praxi
teles, hat einen neuen Aufenthaltsort gefunden. Wegen der
dauernden Erdbejbenigefahr wurde dem Museum in Olympia ein
neuer besonderer Saal ange'baut, der gegen alle, den Bestand
des herrlichen Kunstwerkes gefährdenden äußeren Einflüsse
gesichert 'ist. Die ganz hervorragenden Raum- und Lichtver
hältnisse in diesem Anbau geben der weltberühmten Marmor
statue endlich den 'Rahmen, den sie verdient. Mit der Neu-
placierung des Praxitelischen 'Hermes war eine Feier für den
in Olympia lebenden deutschen Altertumsforscher Prof. Wil
helm Dörpfeld verbunden, der am gleichen Tage seinen
80. Geburtstag beging. Die griechische Regierung ehrte den
Gelehrten, der sich durch seine erfolgreichen Ausgrabungen
in Leukos und Olympia einen Weltruf verschafft bat und durch
den Nachweis bekannt wurde, daß nicht Ithaka, sondern Leukos
die Heimat des Odysseus sei, mit dem Großkreuz des Phönix-
Ordens. Das Museum in Olympia brachte eine Büste Dörp'feids
zur Aufstellung, die in Anwesenheit der Regierungsvertreter
feierlich enthüllt wurde.
MUSEEN
(Oskar von Miller f.) In München ist, 79 jährig, Oskar
von Miller gestorben, dessen Andenken mit dem Deut
schen Muse'um in München unzertrennlich verknüpft ist.
Mag auch die Tagung deutscher Ingenieure vor fast 31 Jahren
die Gründung diese® Museums für Naturwissenschaften be
schlossen, mag auch Gabriel Seidel den Bauplan entworfen
haben, der treibende Geist, der schaffende Geist, der Mann
der Projekte und der Organisation, des Sammelns und Ordnens
war doch Oskar von Miller, der Großmeister der deutschen
Technik.
(Das Böhmerwald-Museum in Oberplan) wurde in letzter
Zeit durch Spenden bereichert. Professor Dr. Emil Stark en
stein in Prag spendete Erstdrucke der Werke Adalbert
Stifters und Dechant Haffe rl alte, wertvolle Heiligen
statuen.
(Der Nachlaß der Miß Lizzie Bliß.) Das Museum für mo
derne Kunst in N e w - Y o r k ist jetzt in den Besitz der rei
chen Erbschaft gelangt, die ihm von der Kunstmalerin Miß
Lizzie Bliß hinterlassen wurde. Miß Bliß ist vor drei Jahren
gestorben und vermachte ihre Gemäldesammlung dem Museum
unter der Bedingung, daß es innerhalb dreier Jahre Garantien
für seinen dauernden Bestand schaffe. Diese Bedingung ist jetzt
erfüllt. Das Museum hat einen Fonds von 600.000 Dollar ge
schaffen, den es durch einen weiteren Beitrag von 150.000 Dol
lar stärken wird. Die Testamentsvollstrecker haben nun ver
fügt, daß die Kunstwerke der Miß BUß, die das Museum bis
her nur leihweise hatte, in sein Eigentum übergehen. Die Kol
lektion enthält elf Oelbilder und neun Aquarelle von Cczan-
n e, ferner einige der berühmtesten Gemälde von Degas,
Rousseau, Matisse und Daumizr; außerdem Werke
von Renoir, Pissarro, Gauguin, Seurat, Toulouse-Lautrec, Mo
digliani und von den Amerikanern Arthur B. Davies und Walt
Kuhn.
(Koptische Textilien.) Das Carnegie-Museum in Pitts
burgh hat in München eine Sammlung von mehr als 300 kop
tischen Textilien erworben, die aus dem Nachlaß des bekannten
Orientalisten F. R. Martin stammt.
(Delacroix’ Gemälde „Adam und Eva“) ging durch Kauf
•in den Besitz des Museums in Glasgow über.
VOM KUNSTMARKT
(Auktion bei S. Kende in Wien.) Die Kunstauktion, die
S. Kende in Wien am 20. April veranstaltet, hat ihren
Schwerpunkt in den Oelgemälden, Aquarellen und Stichen. Die
darauf bezug'hajbende Abteilung des Katalogs verzeichnet 134
'Nummern, unter denen die besten Namen aufscheinen. So
finden wir eine italienische Stadtansicht, die von Jakob und
'Rudolf Alt gemeinsam gemalt wurde. Das Aquarell trägt denn
auch die Signatur von Vater und ISohn. Rudolf v. Alt selbst
ist mit drei Aquarellen vertreten, von denen die Landschaft
mit Burg, Tynieke 1839, besonders hervorgehoben sein soll.
Blättern wir weiter im 'Katalog, so stoßen wir auf Eugen von
Blaas, Tina Blau, Hugo Charlemont, Defregger, Thomas Ender,
Peter Fendi (Bildnis der Fany Elßler?), Kriehuber, Leopold
Kupipelwieser, Geht, von Max, Leop. Karl Müller, Robert Ruß,
Karl von Saar, Jac. Em. Schindler, Moriz von Schwind und
andere klangvolle Namen. Hans Makart ist mit seinem
letzten Kolossalgemälde „Der Frühling“ vertreten, das
merkwürdigerweise nur mit 5000 Schilling bewertet ist und mit
2500 Schilling ausgerufen werden wird. 2500 Schilling für einen
Makart von diesen Dimensionen (370:630 cm) mutet geradezu
wie ein Scherz an. Ranftl, dessen Beliebtheit in dem Maße
steigt, in dem: er auf dem Kunstmarkt erscheint, ist durch zwei
seiner reizenden Bilder (Reiherheize und Großmutter» Geburts
tag) repräsentiert, Löffler-Radymno durch sein durch
Reproduktionen (bekanntes Gemälde „Der erste Schulgang".
Außer Bildern kommen noch hübsche Silbergegenstände zur
Versteigerung.
(Verlassen-schaitsVersteigerung.) Am 20. und 21. April
führt das Dorotheum in Wien die Versteigerung der Ver
lassenschaft in der Wohnung, Wien, 'VIII., Neudeg-
gergasse 1—3, H. Stock, Tür 13, durch. Die Objekte sind
in der Wohnung vom 17. bis 19. April von 10 bis 6 Uhr aus
gestellt. Unter den vielen Gegenständen der zweitägigen
Auktion führen wir vor allem ein modernes Zimmer mit Lotter-
ibett an. Ein Herrenzimmer im Stile der italienischen Renais
sance in vornehmer Ausstattung ist preiswert mit einem Rof-
preise von .S 800 angeschrieben. Eine Kredenz der gleichen
Stilart gelangt mit einem Rufpreise von S 250 zur Ausbietung.
Unter den vielen Bildern fallen einige gute Arbeiten auf. So
Friedrich Friedländer: „Wirtshauspolitiker“ (Rufpreis
S 200) und R. S. Zimmermann: „Den Zug versäumt"
(Rufpreis S 300). Auch ein Bild von Beham: „Der Hocnzeits-
zug“ darf nicht unerwähnt bleiben. In der Verlassenechaft fin
den sich auch viele Teppiche, darunter ein schöner Perser
Täbris, 415:280 cm. mit Jagdmotiven und einem Ausrufspreis
von S 700. Unter den Bildwerken alter Meister ist ein Damen
porträt von Kaspar Netscher, dessen Rufpreis mit S 500
angesetzt ist, besonders interessant. Ein unbekannter französi
scher Meister um 1720 zeigt uns „Latona mit den Bauern“
(Rufpreis S 500), Peter Bredaei ist mit zwei vorzüglichen
Arbeiten vertreten: „Ueberiall auf eine Stadt" und „Ueberfall