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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe VIII (1873 / 98)

Es hält schwer, dem meist ungeübten Auge des Studirenden durch blosse 
Diagramme die Eigenthümlichkeit der einzelnen Gewölbearteu anschaulich zu 
machen. Das meistens gebräuchliche Lasaubfsche Uebersichtsblatt genügt 
nach meinen Erfahrungen nicht. Vielleicht könnten auf gemeinsame Kosten 
den Hochschulen Modelle einer romanischen und einer gothisehen Travee, zer- 
legbar, beschafft werden. 
X Für das Studium der mittelalterlichen Plastik halte ich es ausreichend, 
wenn man die von der Arundel Snciety herausgegebenen Gypsahgüsse nach 
Elfenbeinreliefs erwirbt und zwar zunächst die zwei Classen: select class und 
supplementary class. Es gilt doch nur die Formen der verschiedenen Perioden 
genau unterscheiden zu lernen und dazu reicht die erwähnte Sammlung als 
Grundstock aus. Bei der unübersehbaren Masse der mittelalterlichen Sculp- 
turen, die sich keineswegs auf einige wenige Schulen zurückführen lassen, muss 
man sich auf eine Auswahl beschränken, die Reproduction der_ grossen monu- 
mentalen Werke den Museen überlassen, in Bezug auf diese letzteren sich mit 
graphischen Nachbildungen bescheiden. ' 
Hinsichtlich der grossen Malerwerke habe ich mir das Ziel gesetzt, von 
den hervorragendsten derselben, soweit es möglich ist, Stiche, directe Photo- 
graphien und die Studien und Skizzen zu erwerben. Dadurch kann allein eine 
vollständige praktische Erklärung der einzelnen Werke und ein genügender 
Einblick in ihre Beschaffenheit gegeben werden. Dass man die Erwerbung 
directer Photographien vernachlässigen wird, steht nicht zu fürchten, wohl muss 
ich aber auf Grund meiner Erfahrungen behaupten, dass diese allein, wenn sie 
nicht durch Stiche ergänzt werden, viele Missverständnisse und Vorurtheile 
hervorrufen, über gar manche Intentionen des Künstlers, welche der ver- 
ständige Interpret durch den Stichel gut und deutlich wiedergiebt, im Un- 
klaren lassen. 
Die Sammlung von Handzeichnungen (und den unübertrefllichen Braun- 
schen Photographien) legte ich nach doppeltem Gesichtspunkte an. Zuerst 
suchte ich die Blätter zu erhalten, welche sich auf ausgeführte Werke beziehen, 
die ersten Entwürfe und Naturstudien zu denselben bilden. Das genügt aber 
nicht; das Studium der Handzeichnungen hat einen selbstständigen Werth und 
häufig wird die Natur und Eigenthümlichkeit des Künstlers an den Handzeich- 
nungen besser erkannt, als aus seinen ausgeführten Bildern. Jedenfalls ist es 
wichtig, die wHandschriftu der Meister kennen zu lernen. lch bemühte mich 
daher, wenigstens von einzelnen der grössten Meister das vollständige Hand- 
zeichnungswerk zu erlangen. Dass meine Wahl zuerst auf Dürer und Rafael 
fiel, glaube ich rechtfertigen zu können. Anerkanntertnaßen fällt bei Dürec 
der Schwerpunkt in seine Zeichnungen, bei deren Schöpfung allein sich seine 
Phantasie frei ergehen und ihren wunderbaren Reichthum unbehindert entfalten 
konnte. Auf Rafaels Handzeichnungen hat sich aber seit Vasari der Sammler- 
eifer vorzugsweise geworfen, so dass sie zahlreicher sich erhalten haben, als 
die Zeichnungen anderer Meister und eben deshalb sich vortrefflich eignen, 
in die v-Techniku des Handzeichnungsstudiums einzuführen, den Studirenden 
über alle Fragen, die dabei zur Erörterung kommen, zu orientiren. 
Unerlässlich erscheint mir ferner in einem wohlgeordneten Apparate die 
Vertretung des Kupferstiches und Holzschnittes. Durch die Anschaffung der 
bekannten Collectio Weigeliana und durch Sammlung von facsiruilirten Einzel- 
blättern habe ich den Anfang zu einem Apparate gemacht, der für die Vor- 
lesungen über Kupferstich- und Holzschnittkunde ziemlich ausreicht. In Bonn 
half ich mir überdies so, dass ich aus der Universitätsbibliothek alte illustrirte 
Werke (lncunabeln und Druckwerke 1550) zusammenstellte und als Material
	        
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