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in Anspruch, dass beschlossen wurde, die weiteren Forschungen zur Nationalsache zu
machen. Mr. Wood trat nun in den Dienst des British Museums und hat seitdem den
ganzen Tempel blossgelegt, eine Leistung, welche Respcct eintlosst an sich, weil sie nur
möglich wurde durch völlige l-lingebung an die Sache und den zehnjährigen Aufenthalt in
der von F iebern heimgesuchten Wildniss - die aber zugleich von der höchsten Wichtigkeit
für die Geschichte der Kunst ist. Situationspline, Grundrisse, Recunstructionen, Auf-
nahmen von Details in natürlicher Grosse u. s. w. erläuterten den Vortrag, welchem zu
folgen allerdings mit der grüssten Schwierigkeit verbunden war, da Mr. Wood sichtlich
gar nicht daran gewohnt ist, vor einem Publicum zu sprechen, dessen Muttersprache nicht
das Englische ist. (N. fr. Pr.)
(Prof. O. Künlg"! Atelier.) Die v-Wiener Abendpost- vom 14. April schreibt
über das genannte Atelier:
v-Wir sind in der in dem neuen Museum am Stubenring installirten Bildhauer-
schule, welche Professor Otto König leitet. Die Bedeutung dieses verdienstvollen Künst-
lers, besonders auch für die Entwicklung unserer Kunstindustrie, tritt hier in ein sehr
günstiges Licht. Die az Schüler Konig's scheinen uns ohne jeden doctrinaren Zwang
zu den grundlichsten Studien angehalten, deren Früchte in eben so styl- als phantasie-
vollen Skizzen zu Tage treten. Auf Grund sorgfältig und streng durchgeführter Zeich-
nungen - eine Elementarbedingung für jeden tüchtigen Bildhauer, welche im gewohn-
lichen Atelierschlendrian leider so wenig beachtet wird - fertigen die jungen Künstler
die verschiedenartigsten Modelle in Holz, Gyps und Rothwachs, welche bestimmt sind,
theils in Marmor, theils in Elfenbein und Bronze ausgeführt zu werden. Wir sahen da
insbesondere in den Händen der Eleven Kühne, Hol] und Brenek ganz reizende
Dinge. Das ganze rege Treiben hier erinnert an die Pariser plastischen Kunstwerltstütten,
an welche unaufhörlich der grosse kunstindustrielle Bedarf herantritt. Wir zweifeln nicht
daran, dass der Weg, welchen die jungen Bildhauer unter der Leitung Kbnigs ein-
schlagen, der allein richtige ist, um die bereits vorhandenen und durch die Weltausstellung
vielfach angeregten Elemente unserer frisch aufblühenden plastischen Kunstindustrie zur
glücklichsten Entwicklung zu bringen.
Was nun König selbst anbelangt, so ist sein Schaffen ein wahrhaft rastloses. Seine
Schranke sind voll von Entwürfen, worunter einige eine besondere Aufmerksamkeit ver-
dienen. Die meisten Motive sind dem Familienleben entlehnt, so zwar, dass es scheint,
als habe der Künstler all' seine Kraft in dies sympathische Genre gelegt. Der Grund
dieser so exclusiven Richtung ist indess ein wahrhaft tragischer, denn man wird sich
vielleicht erinnern, dass, während König im vorigen Sommer in Italien weilte, innerhalb
sechs Tagen seine Gattin mit drei blühehden Kindern durch die Cholera hinweggeralft
wurden. Dies erschütternde Schicksal lebt und spricht nun in allen Werken des Künst-
lers, der nicht müde werden kann, die verlorenen Lieben, in denen sich das herrlichste
Familienleben für ihn verkörpert hatte, zu Vorwürfen seines plasüschen Schadens zu
machen. Am ruhrendsten tritt dieser Erinnerungscult in dem schonen Denkmale zu Tage,
an welchem der gebeugte Gatte und Vater mit unendlicher Liebe rastlos arbeitet und
welches für das Grab seiner Familie auf dem protestantischen Friedhofe bestimmt ist.
Das Monument enthält in einer Mittelnische die schmerzliche Gruppe der sitzenden Mutter
mit den drei Kleinen; den Blick zu ihren Kindern herabgesenltt, umfasst sie die beiden
jüngeren in den Falten eines von ihrem Haupte herabwallenden Schleiers, indess das
älteste, ein Knabe, sich aufrecht an ihr Knie lehnt. Es ist unmöglich, ohne tiefsclunerz-
liche Bewegung dies rührend schöne Bildwerk zu betrachten, welches nur des erweckenden
Hauches aus verzaubertem Banne zu harren scheint. Die ganze Seele dieses Weibes
strömt in diesem Mutterblicke auf die Kleinen aus, die sie selbst im Tode nicht lassen
will. Und über der Gruppe liegt jene unaussprechliche, harmonische Ruhe ausgebreitet,
welche den Genuss eines Kunstwerkes so erhebend und lauternd gestaltet.
Nach diesem Werke nennen wir noch die trauernde Victoria, welche für das von
den Officieren unserer Marine in Pols zu errichtende Denkmal des Kaisers Maximilian
bestimmt ist; sodann vier grosse Reliefmedaillons - die vier Theile der Symphonie:
Adagio, Allegro, Scherzo und Finale, in Kindergestalten dargestellt- eine stylvolle Arbeit
als Ausschmückung der Vorhalle eines Musikvereinsgebäudes, und eine ganze Reihe von
Familienmotiven. Unter den zahlreichen Entwürfen zu kunstindustriellen Zwecken fallen
besonders die beiden Endgruppen des Tafelaufsatzes für Se. Majestät den Kaiser auf,
welche -Wasser- und -Wein- in reizenden Gruppen allegorisirenm
(Der Besuch das Museums) belief sich im Monat Mai-z auf 14.200 Personen.
(Photographien von der Weltausstellung.) lm Verlage der Hofkunsthandlung
von Oskar Kramer in Wien ist der Generalltatalog der von der Wiener Photographen-
Associatton in der Weltausstellung bewirkten Aufnahmen erschienen. Derselbe umfasst bei
tgoo verschiedene Aufnahmen (ohne die Stereosltopbilder), und zwar 84 Aufnahmen von
Bauwerken vor der Eröifnung der Ausstellung, dann Panoramen, Totalansichten, Bauten,