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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe IX (1874 / 108)

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Douglas von Salisbury, der zum Jahre 1748 unter anderem berichtet, dass 
um diese Zeit die Leipziger Studenten in den Strassen der ebengedachten 
sächsischen Universitätsstadt die Vorübergehenden um ein Almosen an- 
gegangen hätten, bekleidet mit Degen, mit Manschetten und Halskrausen, 
die mit Spitzenwerk garnirt gewesen seien. Besonders hatte in der da- 
maligen Rococozeit in deutschen Bädern die Sucht überhand genommen. 
auf Promenaden und Bällen einen Ueberfluss von kostbaren Spitzen zur 
Schau zu tragen, wodurch nicht selten das Vermögen hoher vornehmer 
Familien arg geschädigt wurde. Hinsichtlich des übertriebenen Luxus, 
den die aristokratische Welt in Baden-Baden mit Aufwendung von meist 
ausländischen Spitzen trieb, liest man in den vMerveilleux amusements 
des bains de Bade, Londres 1739-, dass man sogar die Badewagen mit 
theuren Spitzen ausstattete, und dass man nach dem Bade in den Woh- 
nungen des hohen Adels und zwar an den Fenstern die Spitzen zur 
Schau ausbreitete. Nach Tisch amusirte sich das vornehme Bade-Publi- 
cum damit, diese kostspieligen Ausstellungen auf der Promenade zu durch- 
mustern und dieses moderne Spitzenwerk je nach seiner Beschaffenheit 
einer Kritik zu unterziehen. 
(Schluss folgt.) 
Die weiblichen Arbeiten In der Volksschule. 
Dem trelTliehen Berichte, welchen Frau Aglaja von Enderes an Se. Excellenz 
den Unterrichtsminister über wdie österreichische Spezial-Ausstellung der Frauenarbeiten 
auf der Wiener Weltausstellung- erstattet hat, und der im Verlage des Oesterr. Museums 
erschienen ist, entnehmen wir die nachfolgenden beherzigenswerthen Auseinandersetzungen. 
Die Arbeiten der Volksschule, der ersten Arbeitsschule, welche das kleine Mädchen 
besucht, in welcher es Neuigkeit, Fleiss, Ordnung, die drei wichtigsten Bedingungen zur 
Anfertigung guter Frauenarbeit, erwerben soll, wurde seitens der Commission ganz bea 
sonderer eingehender Prüfung unterzogen. Der nationale Geist, die Befahigung der Leh- 
rerin, die localen Verhältnisse haben auf eine solche Schule bedeutenden EinHuss, der 
beim Prüfen der eingesandten Arbeiten ganz deutlich zu erkennen war. Das Grundprincip, 
welches beim Unterricht: in der Volksschule eingehalten werden muss, ist: die Kinder 
mit jenen Arbeiten vertraut zu machen, welche das tägliche Leben von Frauenhand for- 
dert, alle Nutzarbeiten, das Stricken, Nähen, Flicken und Stopfen auf das sorglältigste, 
soweit es die gegebene Zeit erlaubt, zu lehren und jede Luxusarbeit aus dem Lehrpro- 
ramme zu verbannen, da dieselbe in der kurzen Unterrichtszeil, die den meisten Volks- 
schulen für Frauenarbeiten eingeräumt ist, nur auf Kosten der Nutzarbeiten gelehrt werden 
kann, und somit durch sie unvermeidlich Flüchtigkeit und Planlosigkeit in die Schule 
kommt. 
lnsoferne dieses erste Princip eines guten, zweckmässigen Unterrichtes in den Ar- 
beiten der Volksschulen vertreten, je nachdem Ordnung und Nettigkeit daran ersichtlich 
war, konnte sich die Commission das Urtheil über Bescheidenheit und Leitung der ein- 
sendenden Schule bilden und eine Kritik üben, welche diesem Berichte zu Grunde liegt. 
Von den allgemeinen Wahrnehmungen, welche hier zuerst Platz finden mögen, 
War eine der hervorragendsten die, dass die tadellosesten Arbeiten aus Schlesien, dem 
ileissigen Ländchen, aus Mehren und aus Böhmen eingesandt wurden. Nutzarbeiten, na- 
mentlich vortrelfliche Flick- und Stopfarbeiten, wurden aus Tirol gebracht. Einzelne der 
Schulen, insbesondere in Böhmen, Tirol und Oberösterreich, traten ausserst armselig auf, 
manche lieferten durch ihre Einsendung den klaren Beweis, dass die Lehrerin keine 
Ahnung habe, dass die Arbeitsschule auch Ziel und Zweck, wie jede Unterrichtsanstalt, 
verfolgen soll. Neuigkeit bei oft erbärmlich grobem und schlechtem Arbeitsmateriale 
war häufiger in den Einsendungen der Dorfschule, als in den Arbeiten, welche der Aus- 
stellung nus den Städten zukamen, zu finden.
	        
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