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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe X (1875 / 115)

Nun folgt die Sammlung von Rüstungen und Waffen. Durch die Einver- 
leibung des Hof-Waffenmuseums in die Ambraser Sammlung wird sie die bedeutendste 
Watfensammlung, die existirt, die berühmte t-Armeria reale in Madrid und das Museum 
Tzarskoi Selo in Petersburg noch übertreGen. Neun Stile werden dafür in Anspruch 
genommen. 
Der erste Saal (der a3. des Museums) wird ausschliesslich Rüstungen deutscher 
Kaiser aus dem Hause Habsburg enthalten; in der Mine die Reiter- und übrigen Rüstungen 
Kaiser Maximilians I., an den Wanden die seiner Nachfolger, darunter die grosse Garnitur 
Ferdinands I., aus fünf Harnischen bestehend. 
Der zweite Saal zeigt die Kriegs- und Prunkrüstungen österreichischer Fürsten 
und Herren, in der Mitte die drei Reiterrüstungcn Erzherzog Ferdinands von Tirol, seine 
Turnier-, Panzer- und mailandische Rüstung. 
Der anstossende Ecksaal ist der Darstellung des ritterlichen Kampfspieles, des T ur- 
niers, gewidmet. In der Mitte des Saales zeigen zwei Turnierende zu Pferde (selbst- 
verständlich ganz mit originalen Rüstungen und Lanzen), wie das deutsche Gestech aus- 
geführt wurde, herum die Rüstungen zu den verschiedenen Arten des Stechens, Rennens,- 
Fussturuieres. 
Das nachate Zimmer wird die Feuerwaffen in ihrer historischen Entwicklung 
zeigen; unter diesen zeichnen sich die prachtvoll montirten Radschlossgewehre mit einge- 
legten und geschnitzten Schaften aus, die man durch die Vermehrung aus der kais. Hof- 
Jagdkammer hier in einer Anzahl beisammen sehen wird, wie nirgends. 
Der sehr grnsse, die ganze Tiefe des Gebäudes einnehmende Saal ist für die Rü- 
stungen und Waffen deutscher Fürsten und Herren bestimmt, - der folgende eben- 
falls, so wie für jene der Dünen und Polen. 
in den Ecksaal mit sehr gutem Lichte kommen dann die prachtvollen Reitzeuge 
und Sattel, die kostbaren Schwerter und Rappiere mit kunstreich gearbeiteten Griffen, 
die von den Papsten geweihten Schwerter und Hüte, welche den Fürsten, die gegen die 
Türken zogen, übersendet wurden. 
Die beiden folgenden Sale enthalten die Harnische der ltaliener, Franzosen, 
Spanier, endlich die orientalischen Waffenstücke. Sammtliche Rüstungen werden auf 
Postamenten frei aufgestellt, die kostbaren Waffen in besonders construirten Vitrinen, die 
deren allseitige Besichtigung gestatten. 
Den Schluss nun soll eine Portrait-Galerie des Hauses Habsburg in 
gleichzeitigen Büsten und Bildern machen. Ausser dem bekannten grossen Stammbaume 
des Hauses aus der Zeit Max i. in zwei Blättern wird auch der seit Jahrzehnten aufge- 
rollte, noch altere und interessantere, 33 Fuss lange Stammbaum vom Jahre 1497 aufge- 
stellt werden konnen. Von älteren Fürsten sind zum Theile Bildnisse in Glasmalerei vor- 
handen, von allen seit Friedrich lll. charakteristische Portraits, gemalt oder in Büsten. 
Wie lehrreich und interessant diese Partie für den Historiker, wie willkommen dem Künstler 
sie sein wird, bedarf wohl keiner Erwähnung. 
Die anstossenden Raume enthalten die Bildnisse berühmter Personen vom I5. 
bis zum 18. Jahrhundert, von denen die Ambraser Sammlung bekanntlich weit über 
iooo besitzt. , 
Die Portrait-Galerie soll bis zum Aussterben des habsburgischen Mannesstammes, 
also bis Karl VL, geführt werden, bis zu welcher Periode auch die sonstigen Denkmale 
der Sammlung reichen. 
Der historische Rundgang ist nun beendet, die Kette geschlossen. Vor dem Auge 
des Beschauers sind die Geistesblülhen von nahezu 5000 Jahren vorübergezogen. Nie- 
mand wird sich des mächtigen Eindruckes erwehren können, den diese sprechenden Zeugen 
der Geschichte hervorbringen; Jeder wird sich von dem Geiste, der die Jahrtausende 
durchdrang, angeweht fühlen, der gebildete Beschauer aber wird zu ernstem Nachdenken 
in verschiedener Richtung angeregt, und so in ihrem historischen Zusammenhange, nach 
ihren gemeinsamen Grundlagen und in ihren Gegensatzvn betrachtet, wirken die Denkmale 
des Alterthums befruchtend und vercdelnd auf Geist und Gemüth. 
Noch bleibt eine Sammlung zu erwähnen, die zwar der Gegenwart angehört, jedoch 
vielfach belehrende Parallelen für das Alterthum abgibt und daher mit Recht als eine 
comparative Sammlung im Kunstmuseum Platz findet, denn die ganze Methode der 
modernen Alterthumsforschung, insbesondere für die ältesten Culturepochen, ist vorwie- 
gend eine vergleichende. Es ist die ethnographische Sammlung, welche bis zum 
Jahre i842 in der Ungargasse, im Gebaude der italienischen Garde, aufgestellt war, seither 
aber in 35 Kisten verpackt auf dem Dachboden des Hof-Naturaliencabinets liegt. Sie be- 
steht aus einer gronlandischen, neuseeländischen, indischen und brasilianischen Sammlung. 
Letztere ist besonders lehrreich und enthält viele Sachen, die jetzt gar nicht mehr zu 
haben sind. weil die Volksslämme, denen sie angehören, ausgestorben sind. Sie soll,
	        
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