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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XI (1876 / 125)

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den Markt durch wirklich gute und schöne Arbeiten wieder zu erobern 
und es ist alles willkommen zu heissen, was zu diesem Ziele führen kann. 
Von diesem Gesichtspunkte aus betrachten wir die Arbeiten in ge- 
schnittenem und relielirtem Leder, welche uns Fr. Wunder (Firma Wunder 
8L Kölbl) diesmal verführt. Es ist eine alte, xgute, "einst reich und in 
grossem Massstabe geübte, aber heute in Europa längst vergessene Technik, 
welche damit wieder aufgenommen worden. Schon die vorige Weihnachts- 
Ausstellung zeigte einen ersten Versuch, aber erst die grösseren und be- 
deutenderen Arbeiten Wunders in diesem Jahre lenkten die Aufmerksamkeit 
des Publicums daraufu Das Genre ist ganz danach angethan, wie es im 
sechzehnten und siebzehnten Jahrhundert von den Spaniern geschah, aus 
der vereinzelten Arbeit in die grössere Industrie überzugehen und hoffent- 
lich wird ihr rühriger Schöpfer den Weg dazu finden. Etwas Distinguirtes 
wird freilich das Genre immer behalten, aber es gibt Leute genug, die 
das zu schätzen wissen, wenn erst ihre Aufmerksamkeit einmal darauf ge- 
lenkt worden. Und zu solchem Zwecke, das Neue und Gute in müglichster 
Schnelligkeit bekannt zu machen, sind die Weihnachts-Ausstellungen des 
Oesterr. Museums eine ganz dienliche Einrichtung. 
Verlosungen im Museum. 
Am 23. December hielt Ober-Baurath Hansen einen Vortrag über den Neubau 
der Akademie der bildenden Künste auf dem Schillerplatze. Er berührte erst kurz, 
aber in scharf pointirten Sätzen die Frage über den Nutzen der Kunst-Akademien, erwahnte 
die Kunstschulen bei den Griechen und Römern, betonte, wie dürftig unser Wissen dar- 
über sei, und schloss mit der Bemerkung, dass man eben nicht meinen solle, Akademien 
konnten Genies schaffen. An originellen Wendungen gebrach es diesem Eingange nicht, 
und mag auch wohl der Ausspruch dazugezalilt werden, dass ja "bekanntlich vom römi- 
' schen Verfall bis zu dem fünfzehnten Jahrhundert die Kunst auf schwachenFüssen ge- 
standen seil. An diese Ausführungen fügte der Redner eine kritische Darstellung der 
öffentlichen Kunstpflege in Frankreich, der wEcole des beaux-arts, der Academie des beaux- 
arts- und des französischen Pensionats für bildende Künstler in Rom. Anschaulich wurden 
die Vortheile wie die Nachtheile der Organisation des Kunstunterrichtes in Frankreich 
hervorgehoben und bei aller Anerkennung des dort so sehr gepflegten Princips der Con- 
currenzen doch auch betont, wie dieses aus einer National-Eigenthümlichkeit der Fra - 
zosen, aus ihrer Sucht nach Ruhm und Auszeichnung hervorgegangen. Nach einer ein- 
gehenden Darlegung der Organisation unserer Akademie und wie es geradezu unmöglich 
geworden sei, das lnstitut noch langer in den so unzulanglichen Räumen des alten 
St. Anna-Gebäudes zu belassen, legte Hansen die Schwierigkeiten dar, welche die Aufgabe, 
einen zweckmässigen Neubau zur Aufnahme der Akademie durchzuführen, für den Archi- 
tekten haben musste, und wie es endlich gelungen sei, ein Werk herzustellen, das allen 
aus der Bestimmung des Baues sich ergebenden Anforderungen Genüge leiste. Die Ge- 
sammtsumme der Baukasten beläuft sich auf i,85o.ooo fl., ein Betrag, der durchaus nidtt 
hoch erscheint, wenn man die Masse echten Materials, das da aufgewendet wurde, und 
die reiche künstlerische Ausschmückung ins Auge fasst. Das Publicum hatte sich zu dem 
Vortrage sehr zahlreich eingefunden, folgte mit sichtlichem Interesse dem Vortrage und 
gab am Schlusse durch lauten Beifall seiner Befriedigung Ausdruck. - 
Die für den 30. December angekündigte Vorlesung des Regierungsrathes Exncr 
musste auf spätere Zeit verschoben werden und für Prof. v. Lützow trat am 13. Januar 
l-lofrath von Eitelberger ein mit einem Vortrage über sDas Wiener Genrebild 
vor 1848-. Es erwuchs in der Zeit von 1815 bis 1848 auf heimatlichem Boden fast von 
selbst, wie die Musik eines Lanner und Strauss, als die natürliche Frucht der waltenden 
Verhältnisse und des harmlosen, leichtlebigen, in gewisser Beziehung gutmüthigen, mit 
religiösem und nationalem Zwiste noch unbekannten Wiener Bürgerthums. Dieses war 
der eigentliche Träger des damaligen Genrebildes, wie dessen Schöpfer zumeist Wiener
	        
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