66'
gehen zum Ziele führen würde. Es würde eine gefährliche Selbsttäuschung
gewesen sein, wenn man es anders erwartet hätte. "
Der erste Schritt, den man unternahm, war eine Revision der
Verordnungen auf dem Gebiete des Zeichenunterrichtes. An dieser
Revision nahmen die erfahrensten Schullehrer und Zleichenlehrer Theil.
Die Hauptarbeit wurde in die Hände von Männern gelegt, welche
schulmännische Erfahrung mit vollständiger Beherrschung der Zeichen-
kunst verbinden. Nachdem diese erste grundlegende Arbeit gethan war,
unternahm man den zweiten wichtigen Schritt, nämlich die Revision
der Zeichenvorlagen u. z. insbesondere nach der Richtung hin, um
sowohl ein System der Zeichenvorlagen zu erhalten, welche mit den neuen
Verordnungen im vollkommenen Einklange stehen, als auch, um die öster-
reichischen Schulen von den ausländischen Vorlagewerken zu emancipiren,
die, wie gut auch dieselben sein mögen, doch mit unserem Schulleben
nicht in vollständiger Harmonie stehen. Das Resultat dieser Bemühungen
war ein sehr erfreuliches und wir hatten vielfach Gelegenheit, in diesem
Blatte auf die verschiedenen Vorlagen aufmerksam zu machen. Wir fügen
hinzu, dass in massgebenden Kreisen die bisherigen Vorlagen nicht als
abgeschlossen betrachtet werden; im Gegentheile, es wird noch im Laufe
dieses Jahres eine Reihe von Vorlagen zur Publication gelangen. Die
Hguralen Vignetten des Professors Sturm (chromolithographisch für Fach-
schulen), die "Wandtafeln der griechischen Säulenordnungena von Pro-
fessor A. Hauser und der erste Band seiner z-architektonischen Styllehre-
sind bereits im Drucke. Herr Professor Dr. Frisch bereitet eine ana-
tomisch-plastische Figur vor, die den Kunstschulen wie den Fachschulen
zu Statten kommen wird. Von demselben eminenten Lehrer erscheint
auch ein "Handbuch der Anatomie für Künstlern in Erlangen bei Encke
noch im Laufe dieses Jahres; es wird auf diese Weise auch einem Wunsche
entsprochen, auf dessen Erfüllung die Akademie seit Jahrzehenten gewartet
hat. Von ganz besonderer Wichtigkeit sind die Vorlagen, die bereits im
Zuge sind für die Schulen für weibliche Handarbeiten, für Lehrerinnen-
Bildungsanstalten, für die Bildungscurse für Lehrerinnen weiblicher Hand-
arbeiten, so wie für einige kunstgewerbliche Fachschulen, denen es an
Vorlagen fehlt. Am mangelhaftesten sind noch die plastischen Vorlagen
für den elementaren plastischen Unterricht; aber vielleicht auf keinem
Gebiete hat Oesterreich in den letzten Jahren so rasche und entschiedene
Fortschritte gemacht als auf dem Gebiete der Vorlagenwerke für den
Zeichenunterricht.
So wichtig aber auch die unternommenen Schritte sind, so würde
die ganze Reorganisation des Zeichenunterrichtes ein Stüekwerk geblieben
sein, wenn man sich nicht entschlossen hätte, eine Inspection vder
Zeichen schulen vorzunehmen, die von Fachmännern ausgeht; denn
nur ein Fachmann ist im Stande, im Zeichenunterrichte jene Winke zu er-
theilen, welche dem Fachunterrichte im Zeichnen selbst zu Gute kommen