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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XII (1877 / 144)

setzes bei unseren Nachbarn sich Bahn gebrochen hat und mit einem 
gewissen Stolze darf es hervorgehoben werden, dass Oesterreich einer 
geordneten Musterschutzgesetzgebung sich bereits seit dem Jahre 1858 
erfreut - ein Resultat, welches in erster Linie dem schon in jener Zeit 
an den Tag getretenen richtigen Verständnisse unserer Kunstindustriellen 
für diese Frage zugeschrieben werden darf. 
Hochinteressant ist dagegen die Wandlung der Anschauungen, welche 
in Betreff dieser Frage in Deutschland sich vollzogen hat. 
ln früherer Zeit, ja noch bis vor einigen Jahren, waren die Gegner 
des Musterschutzes in Deutschland in der entschiedenen Mehrheit. Anhän- 
ger der verschiedensten Parteien waren in dieser Frage einerlei Meinung. 
So spricht sich beispielsweise das Handwörterbuch der Volkswirthschafts- 
lehre von Rentzsch, in welchem bekanntlich die Anschauungen der deut- 
schen Manchesterpartei zum Ausdrucke gelangt sind, in dem betreEenden 
Artikel dahin aus, dass Muster, genau betrachtet,_ nicht etwas Neues 
enthalten, wie Patente und schon deshalb auf den Schutz des Gesetzes 
keinen Anspruch machen können; dass Musterschutzgesetze mit Rücksicht 
auf die Schwierigkeit der Constatirung einer wirklichen Nachahmung 
sehr leicht umgangen werden können und daher demjenigen, welchen sie 
schützen sollen, nur die falsche und nachtheilige Meinung einer nicht vor- 
handenen Sicherheit gewähren, dass der Schutz der Muster und insbesondere 
die Rechtsverfolgung im Falle der Verletzung zu viel Mühe und Kosten 
verursache und dass endlich auch ein Muster gar nicht wichtig genug 
sei, um v-mit Hilfe etwaiger Zweckmässigkeitsgründe und je nach Ermessen 
der Behörden oEen gegen die Gesetze der Gütererzeugung und Giiterver- 
theilung sündigen zu lassenm 
Aber auch Schäüle, der doch der eben genannten Partei durchaus 
nicht angehört, spricht sich in seiner Monographie über vdie ausschlies- 
senden Absatzverhältnisses- aus ganz ähnlichen Gründen ebenso rückhaltslos 
gegen den Musterschutz aus, insbesondere aber auch deshalb, weil die 
Grenze zwischen erlaubter Reproduction und unerlaubter Contrefacon 
überhaupt nicht zu finden sei. 
Im Jahre 1854 hatte auch die preussische Regierung die Handels- 
kammern und kaufmännischen Corporationen aufgefordert, sich darüber 
zu äussern, ob ein Musterschutzgesetz gewünscht werde und wie es aus- 
zuführen sei. Das Resultat dieser Enquete war, dass sich von 62 einver- 
nommenen Corporationen 46 gegen und nur 16 für die Einführung des 
Musterschutzes aussprachen. 
ln neuerer Zeit erst traten zwei Ereignisse ein, welche die Ansichten 
über diese Frage in Deutschland in hohem Grade zu beeinflussen geeignet 
waren und in der That eine durchgreifende Aenderung der Anschauungen 
in verhältnissmässig sehr kurzer Zeit bewirkten. 
Einmal nämlich zeigte sich auf der Wiener Weltausstellung vom Jahre 
x873, dass Deutschland, so schöne Erfolge seine Industrie im Ganzen auch
	        
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