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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe III (1888 / 3)

Erst im fünfzehnten Jahrhundert sollte diese Kunst mit ihrer Richtung 
auf die Wahrhaftigkeit der Natur wieder neu erstehen, um zu noch 
größerer Vollendung zu kommen. 
Während aber Franziskaner-Orden und Franziskaner-Kunst sanken 
- gerade in dieser Epoche, um die Mitte des vierzehnten Jahrhunderts, 
erhob sich beides bei d.-n Dominikanern. Der spanische Predigermönch, 
der den Orden gestiftet, hatte kaum geringeren Erfolg gehabt. kaum 
geringeren Einfluss auf die Menschheit geübt als der heilige Franz von 
Assisi. Aber der heilige Dominik, dessen Ruf und Leben durch die 
Kevzerverfolgungen umdüstert worden, hatte sich persönlich nicht der 
gleichen Popularität zu erfreuen, weder lebend noch nach dem Tode. 
Sein Leben bot daher den Künstlern nicht den gleichen Stoff zu künst- 
lerischen Darstellungen; umsv-mehr seine Lehre. Ging das Streben des 
heiligen Franciscus dahin, das Leben zu bessern, so dasjenige des hei- 
ligen Dominik, die christliche Lehre rein zu halten, rein von aller Hä- 
resie. Er und seine Nachfolger, unter denen Thomas von Aquino als 
der gelehrte Bearbeiter des Systemes hervorleuchtet, predigten dielehre, 
den rechten Glauben; die Erzählungen der Bibel oder der Heiligen- 
geschichte waren ihnen Beispiele, um Lehren daraus zu entnehmen. 
Es lag in der Natur der Sache, dass diese religiöse Richtung, 
deren Art es war, Dogmatisches, aber nicht Malerisches zu erschaffen, 
später dazu kommen musste, sich der Kunst zu bedienen. Es geschah 
dann in einer ihr ganz eigenen Weise, wobei es vorzugsweise die siene- 
sischen Maler waren, deren Art und EinHuss das rein Künstlerische der 
dominikanischen Gemälde bestimmte. Als erstes derselben ist ein großes 
Gemälde von Ambrogio Lorenzetti in der Rathhauscapelle zu Siena zu 
betrachten, eine Darstellung der guten und schlechten Regierung. sodann 
Traini's Gloril-ication des heiligen Thomas von Aquino im Dominikaner- 
kloster Santa Katharina zu Pisa. Vor Allem aber gehören dieser Richtung 
an die berühmten Gemälde im Campo santo in Pisa, der Triumph des 
Todes, das jüngste Gericht und die Hölle, sowie die Fresken der spa- 
nischen Capelle in Santa Maria Novella in Florenz, welches Dominikaner- 
kloster mit seiner überaus interessanten Kirche für diesen Orden die 
gleiche Bedeutung hatte, wie Santa Croce für die Franziskaner. 
Der Hauptvertreter dieser dominikanischen Richtung in der Kunst 
ist Orcagna. Er neigte sich ganz der mystischen Versenkung zu, die sich 
bei Fiesole zur Schwärmerei gestaltete. Techinisch künstlerisch verband 
er Florentiner und Sieneser Art. Er konnte sich auf die Stufe stellen, 
welche Giotto vor ihm erreicht hatte, und so z. B. in der Perspective 
und in anmuthiger Bildung namentlich der weiblichen Gestalten ihn 
übertreffen, ebenso in größerer Annäherung an die Naturwahrheit in 
Zeichnung des körperlichen Details, wie der Hände und Füße. Worin 
er sich insbesondere von ihm unterschied, das ist der mystische Hang
	        
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