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Seite 72 
Inter nationale Sammler-Zeitung. 
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fnerkuuüräige Funde im alten Samaria. 
Von Professor R. Kittel (Ceipzig). 
Schon uor einiger Zeit hörte ich gerüchtweise non allerlei 
bemerkenswerten funden, welche die amerikanische Cxpedition, die 
seit einiger Zeit die Stätte des alten Samaria auszugraben be 
gonnen hat, gemacht habe. Ich wandte mich deshalb an eine frühere, 
seit einiger Zeit wieder in Amerika lebende Zuhörerin mit der 
Bitte um nähere Auskunft. Auf ihre Veranlassung hatte Prof. Cyan 
non Haroard Cambridge, Ulass., die Güte, mir die Korrektur eines 
oon ihm uerfafjfen, auf Aufteilungen des Ceiters der Ausgrabungen 
(Dr. Reisner) ruhenden Artikels über den Gegenstand in The 
Harnard Theol. Reoue für Januarl911 zuzusenden, eine, wie mir 
schien, ungenaue und zum Teil irreführende Darstellung im Berliner 
Tageblatt uam 19. Januar d. 1*) gab mir Veranlassung, in den 
Ceipziger neuesten llachrichten oom 23. Januar auf Grund meiner 
Informationen einiges richtig zu stellen und den wahren Sach- 
uerhalt, so wie er mir sich darstellte, kurz zu beleuchten. Hier 
möchte ich folgende nähere Aufteilungen über den Sachuerhalt 
machen. 
Samaria ist bekanntlich eine Gründung Omris, des Vaters 
Ahabs oon Israel. Cs führt heute in Anlehnung an seine römische 
Benennung den Hamen Sebastije. nachdem man schon 1908 und 1909 
bedeutende funde aus der Zeit des Herodes — deren Spuren jedemi 
der den Hügel begangen hat, schon an der Oberfläche in die Augen 
fielen — gemacht hafte, gelang es 1910, weiter in die Tiefe und 
bis auf den Grund zu kommen. Cs fanden sich Palastbauten in 
mehreren Schichten, die oersuchsweise als auf die Könige Omri 
(889 bis 877), Rhab (877 bis 855 4), Jebu (842 bis 814) und Jero- 
beam 11. (781 bis 740) zurückgebend angesetjt wurden. 
Dafj man damit im ganzen das Richtige getroffen hafte, 
scheint eine hier gefundene Alabasteruase zu bestätigen, die den 
Hamen oon Ahabs Zeitgenossen Osorkon If. Don Ägypten (874 bis 
53) trug. Ceider sagt der oorläufige Bericht nicht, in welcher Schrift 
die Vase sich fand, so dafj man nicht ganz genau sieht. Voll 
kommen klar könnte man überhaupt erst urteilen, wenn man 
müfjfe, wie und mann die Vase hierher kam. Immerhin gibt sie 
Wahrscheinlichkeitsschlüsse an die Hand, die durch die Ostraka 
noch gestützt werden, für die Kenntnis des hebräischen Altertums 
oon besonderer Wichtigkeit sind nun aber eine grafje Anzahl oon 
beschriebenen Tonscherben (Ostraka), die in Verbindung mit jener 
Vase gefunden wurden, somit allem Anschein nach aus der Zeit 
des Ahab stammen. 
Die Scherben sind als Scherben, also nach dem Zerbrechen 
der Gefäfje beschrieben. Gs handelt sich also nicht etwa um Krug 
inschriften, sondern um richtige „Ostraka“. Wenigstens sofern 
die Beschreibung genau ist, woran oorläufig nicht zu zweifeln ist. 
Die Schrift ist der Gröfje des Scherbens genau angepafjt, sie wird 
mehrfach gegen Gnde der Cinie, also gegen den Rand des Scherbens 
gedrängter, und mehrfach ist ein Wort am Rande abgesetjt und 
auf der nächsten Cinie fortgeführt. Auch folgt die Schrift nicht, 
wie bei ganzem Kruge zu erwarten wäre, den Cinien der Töpfer 
scheibe, sondern kreuzt sie, so dal) sie beim unzerbrochenen Ge 
fäfje senkrecht liefe, ferner passen oerschiedene Scherben mit 
oerschiedenen Inschriften zusammen — lauter Beweise für wirk 
liche Ostraka. 
Die Schrift ist die nordsemifische, genauer die phönikisch- 
kanaanitische, wie wir sie aus dem Alesa- und Siloasfein und oer- 
*) Oer Bericht spricht oon einem Briefe des flssyrerkönigs an Rhab, oon 
einem ausführlichen Verzeichnis des königlichen JTlobiliar, socoie oon Kauf- und 
Handelsoerfrägen und ist in abgekürzter Sorm leider auch in die 5rankf. Ztg. oom 
20. Januar übergegangen. Der Verfasser, Herr Dr. Uahuda Berlin, hat mich übri 
gens inzwischen persönlich besucht und mir seine Unterlagen oorgelegf, die aller 
dings oerstehen lassen, wie er zu dem Jrrtume kam. 
wandten Denkmalen kennen. Sie ist mit Tinte und Rohrfeder auf 
den Ton aufgetragen, zeigt aber uiel gefälligere formen und, wie 
cs scheint, schon einen uiel stärker kursioen, auf lange Übung im 
Schreiben deutenden Duktus. Der Berichterstatter stellt sie in aus 
drücklichen Gegensatz zu der Schrift der Inschriften und redet oon 
„gracefel curues“. natürlich müfjfe man erst Abbildungen haben, 
da eine lleigung zur Kursine schon bei Alesa erscheint. Sie scheint 
aber erheblich weit zu gehen, woraus man natürlich bei dem 
andersartigen Schreibmaterial (Rahrfeder) keinen Schluß auf größere 
Jugend ziehen darf. Punkte und Striche, wie wir sie auch sonst 
kennen, erleichtern die Worttrennung und damit das Tesen. 
Die Jahre werden zweifellos als die des regierenden Königs 
angenommen werden dürfen. Cs könnte wohl Ahab gemeint sein. 
Die Ostraka lassen sich doch wohl nur deuten als eine Art „Zettel“ 
oder „Gtiketten“, die irgendwie den Krügen beigegeben, uielleicht an 
sie angebunden waren (Cöcher zum Durchziehen uon Bast scheinen 
zu fehlen; sie mögen also als „Begleitscheine“ gedient haben). 6s 
scheint sich demnach um ein grofjes Cager uon öl und Wein zu 
handeln. Cyon uermufet, wo kein Gigentümer genannt sei, gelte der 
Palast als Cigentümer, und der „Hügel“ sei einer der königlichen 
Weinberge, mehrere llamen würden dann wohl gemeinsames 
Gigentum oerraten. Doch bleibt die Sache oorläufig noch nach 
mehreren Richtungen unklar. Am liebsten möchte man an Ab 
gaben an den Palast denken. Dach stimmt dazu auch nicht alles. 
Handelt es sich um ein Worenlogen, so könnte das Gedäude doch 
wohl nicht der Palast sein Alan wird gut tun, die Originalpubli 
kation abzuworfen. 
Schon das Bisherige zeigt uns, dafj es sich um einen fund 
oon höchstem Werfe für die altisraelitische Kulturgeschichte handelt. 
Ostraka kennen wir hauptsächlich aus der Pfaleinäerzeit in Ägypten. 
Sie kommen dort aber auch, besonders in der form uon Kalk- 
spliftern, was für die Sache nichts ausmacht, schon uiel früher 
und schon im zweiten Jahrtausend uor Christo oor. Aber sie 
setjen dort ein schon lange geübtes und ausgedehntes Schrifttum 
auf Papyrcs ooraus. Jn Palästina sind Ostraka, jedenfalls in 
israelitischer Zeit, bisher überhaupt nicht gefunden. Dal) wir sie 
in so früher Zeit und in einheimischer Schrift jeljt uor uns sehen, 
eröffnet nach mancher Richtung eine ganz neue Perspektiue. Ich 
habe aus anderen Gründen (auf Grund eines ägyptischen Papyrus) 
seif einiger Zeit die bestimmte Vermutung, dal) sich ein ausge 
dehntes Schrifttum auf Papyrus und am ehesten in der einheimischen 
Schrift für das Syrien und Palästina des ausgehenden zweiten 
Jahrtausends nachweisen lasse, und gedenke mich darüber dem 
nächst zu äufjern Diese Vermutung enthält hier eine ungeahnte 
Sfüke. Denn auch für Palästina darf angenommen werden, dal) 
für Tinte und feder nicht der Tonscherbe, sondern Tierhaut und 
Papier das erste AJaterial waren. Bestätigt sich uollends die An 
gabe Tyons, dafj die Schrift schon stärker kursioen Charakter 
zeige als die Inschriften, so trifft das Gesagte zweimal zu. Weder 
die Schrift, noch das Alaferial: Tinte und feder sind dann um 900 
erst aufgekommen, sondern sie setjen längere Übung in Papyrus und 
damit ein größeres Schrifttum, das oor 900 liegt, jedenfalls für 
Kanaan, höchst wahrscheinlich aber auch für Israel ooraus. Die 
Gntwicklung wird analog sein wie in Ägypten. Ich halte das zahl 
reiche Vorkommen uon mit Ba’al gebildeten llamen neben Jahne 
enthaltenden für einen starken Wahrscheinlichkeitsgrund dafür, dal) 
die Ostraka oo r J e h u oerfafjtsind, und dann am ehesten unter Ahab. 
Von nicht geringerer Bedeutung ist der Inhalt, und zwar für die 
Religionsgeschichte. 6s sind etwa 75 Ostraka, mit Personen- und 
Ortsnamen, manche unter ihnen stimmen mit bekannten biblischen
	        
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