phosenmotiven nach französischen Ovid-Ausgaben, Vignettenspielen nach Eysen und
Moreau, verwandt galanter Buchkunst, zum Beispiel der Dekameron-Ausgabe.
Doch auch deutsche Meister werden in Porzellan verewigt, so Chodowieckis Szenen
aus Minna von Barnhelm auf einem Dejeuner, einem Frühstücksservice von x77 x. Keine
Interieure in fest umschließenden Rahmen werden das, sondern in Zusammenhang mit
der locker über den
lichten Grund schwe-
benden Blumenstreu-
kunstgaukelthieralles
wie in Lüften im frei-
en weißen Porzellan-
raum zwischen losem
Baum- und Zeltarran-
gement: die Dame
in Trauer, in der ge-
wohnten Tracht vom
ernsten Schwarz, Min-
na in gelber Robe und
weißen Spitzen, Tell-
heim im roten Uni-
formfrack des Majors,
Franziska im Tändel-
schürzchen und J ung-
fernhäubchen.
Nach der kolo-
ristischen Fülle der
Dekore in Purpur,
Gelb, bleu royal, Ne-
phritgrün kommt ge-
gen Ausgang des
Jahrhunderts in Ver-
bindung mit dem
strengeren Linienstil
puritanischere Farbe.
Eisengrau dominiert,
der Ton der Kupfer-
stiche, und statt der
Flatterszenen kom-
men jetzt geschlos-
sene Rahmenbilder,
nichtnurDek0remehr
Heinrich Tessenow, Dalcroze-Schule in Hellerau, Platzansicht Sondern Darstellun-
gen mit Selbstzweck.
Das Porträt nimmt den Hauptplatz ein. Die Vasen mit den Bildnissen der königlichen
Familie und dem vom Adler gekrönten Deckel sind beliebte Huldsouvenire, Silhouetten
treten auf, sogar die Blumen dienen jetzt sachlichen Zwecken und verschlingen ihre
Gewinde zu Monogrammen.
Gleichzeitig mit dem Gerät blüht die Plastik, farbig und weiß in Biskuit. Die
Brüder Meyer, Johann Georg Müller und Riese folgen sich chronologisch als „Modell-
meister". Pastoralen, Chinoiserien, Kinder- und Tiergruppen, blasses Allegoriewesen
und Genienspuk sind da Thema, aber auch die derbe und kuriöse Charakteristik
wilder Völkerstämme in dem porzellanenen Huldigungsballett für die Tafel der russischen
597
Katharina. Ein sehr merkwürdiges Werk ist Christian Wilhelm Meyers Allegorie auf
die Hochzeit Maria Antoinettes, la France und l'Autriche stoßen da, über einem Altar, mit
Hammenden Herzen wie mit Bechern an.
Das Porzellan-Empire bringt glatte Formen und kühle Farben, und nach den Freiheits-
kriegen tritt auch diese zarte Kunst in das heroische Zeichen. Als Geschenke für verdiente
Generale stiftet der König Service mit dem Dekor des eisernen Kreuzes im Lorbeerkranz,
mit artilleristischen Emblemen, Kanonen, getürmten Kugelhaufen, Zelten, Soldatengruppen
in den Uniformen der verschiedenen Regimenter. Aus der Folgezeit ist zu erwähnen die
Heinrich Tessenow, Entwurfzeichnung zu einer Gartenanlage
Periode der Abhängigkeit von Wien mit starken Farben, reichern Golddekor, Lambrequin-
ornament. Um 1830 reizende Porträtplastik: Fanni Elßler mit Spirallöckchen um das liebe
Gesichtel, Mieder und Knieröckchen. Um xB5x die mißverständlichen Versuche, in
Porzellan altitalienische Majoliken nachzubilden, Urbinogelb mit Schwarz und Renais-
sancefassadenmotive auf Vasen.
Viel schlimmer wird dann aber das „Neurokoko" um 1880, die „Kips-Zeit", da unter
dem Regime dieses Malers, die bösartigen Vasen und Standuhren von kalter Pracht mit
spitzigem Zackenwerk und einer undisziplinierten zuchtlosen Überwucherung krausen.
unruhigen. zerrissenen Schrnuckkleinkrams sich als Stolz der Manufaktur brüsteten und
uns vor dem Ausland mit ihrem zum Monumentalen aufgebauschten Kinkerlitzchenstil
kompromittierten.
78