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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe IV (1889 / 5)

Riesenwerk von Baalbek mit Hilfe der Dschin erbaut haben; jedenfalls ist Baalbek 
identisch rnit Bikat Aven (Gotzenthal) bei Amos 1, 5. Auf den Trümmern dieses zer- 
störten Heiligthumes ließen Aelius Antoninus Pius und Septimius Severiis dem Jupiter 
einen großartigen Tempel erbauen, der unter die Weltwunder gezahlt wurde. Kaiser 
Konstantin ließ einen Tempel in eine christliche Basilica verwandeln, desgleichen Theo- 
dosius der Große. Erstürmung Baalbeks durch Omar 636. Die größten Zerstörungen 
richteten die häufigen Erdbeben in den Jahren 1157, 1170. izoz und besonders 1759 an, 
so dass die meisten Säulen utnfielen. Die Formen und die Ausschmückung des Baues 
führen uns, wie oben bemerkt wurde, in den Anfang des 3. Jahrhunderts, während die 
gigantischen Unterbauten auf ein hohes Alterthum zurückweisen. 
An der Westseite der Stadt erhebt sich auf künstlicher Plattform die Akropolis. 
Eine herrliche Freitreppe von Marmor führte einst zu einem Porticus, dessen Vorder- 
seite zwolf Säulen zierten; jetzt sind nur mehr die Piedestale erhalten. Drei Portale 
führen von da in den Tempelhof, ein Hexagon von 60 )( 76 Meter, wovon nur mehr 
die Grundmauern nebst einigen Nischen erhalten sind. Ein großes und zwei kleinere 
Portale führten in einen zweiten viereckigen Vorhof von 135 X 113 Meter mit Seiten- 
gernächern (Exedren). Die herumliegenden zertrümmerten Säulen, colossale Architrave, 
Karnicie und Deckengewülbe lassen die einstige Pracht noch ahnen. Dieses riesige 
Tempelquadrat war nur das Vorhaus zu dem eigentlichen Tempel. Dieser war ein ob- 
longer Peristyl, go X 50 Meter mit 54 Säulen, von denen nur mehr sechs stehen ge- 
blieben sind, das Wahrzeichen Baalbeks. Die Säulen, zo Meter hoch und von 2'}, Meter 
im Durchmesser, bestehen gewöhnlich aus drei bis vier Stücken, die durch Klammern 
so fest aneinander gefügt sind, dass selbst der Sturz die Theile nicht zu trennen ver- 
mochte. Dieser Tempel stand auf einem gewaltigen Unterbau, dessen Cyklopenmauern 
an der Nord- und Westseite sichtbar sind. Geradezu staunenerregend sind drei Steine, 
die über I9 Meter lang sind und nach welchen der darüber befindliche Tempel den 
Namen Trilithon erhielt. 
Südostlich davon befindet sich ein zweiter, dem Sonnengott geweihter Tempel, 
ein Peripteros von 71 X 30 Meter ohne Vorhof, mit 54, Säulen und einem Doppelpor- 
ticus. Die Säulen haben 14 Meter Hohe; davon sind 19 stehen geblieben, die zwanzigste 
auf der Südseite lehnt an der Mauer. Das prlchtige, 6'], Meter breite Portal besteht 
aus reich ornamentirten Thürpfosten und einer Oberschwelle aus drei colossalen Blöcken, 
deren mittlerer herabhängender die kunstvoll gemeißelte Figur des Adlers mit dem 
Federbusche, das Symbol der Sonne, zeigt. Die Teinpelcella, z7 )( 22'], Meter, hatte 
keine Fenster und war ohne Dach, so dass der erste Strahl der aufgehenden Sonne das 
Heiligthurn berührte. Die Wände der halbzerstörten Cella von Marmor sind mit acht 
canuelirten Pilastern und Chemischen reich geschmückt. 
Oestlich von der Akropolis liegt ein dritter Tempel, ein zierlicher Rundtempel 
(Nymphaeon), Ein Peristyl von acht Monolithsaulen mit korinthischen Capitälen umgibt 
die halbkreisformige Cella. ln den nahen Steinbrüchen, wo die colossalen Steine ge- 
wöhnlich von der senkrechten Felswand in aufrechter Lage ausgehauen wurden, liegt 
ein Monolith von über 21 Meter Länge, der einen lnhalt von 370 Cubikmeter hat. 
Die Bauten in Aegypten, Syrien und Phonizien waren demnach colossale Stein- 
bauten; der Monolith beherrschte die phönizische Baukunst und der behauene Fels war 
das eigentliche Princip ihrer Architektur. Dagegen führten die Babylonier colossale 
Ziegelbauten nuf. Diese Trünimerhsufen sind stumme Zeugen von der Hinfälliglteit 
alles lrdischen und von der die ganze Weltgeschichte leitenden Vorsehung und sollen 
unseren Blick hinlenken auf jenen ewigen Monurnentalbau, welchen Ezechiel und der neu- 
testamentliche Apokalyptiker so herrlich als das neue Jerusalem geschildert haben. 
- Am 21. Februar sprach Prof. Dr. Josefßayer nUeber den Frcskencyklus des 
Pinturicchio aus dem Leben Papst Pius ll. in der Libreria zu Sienau. 
Der Vortrag versuchte zunächst die kunstgeschiehtliche Stellung Pinturicchicfs zu 
kennzeichnen, und ging dann auf die Charakteristik jener Folge von Wandgemälden in 
der Libreria (Chorbüchersaal) beim Dom von Siena ein, worin der Künstler die Haupt- 
momente aus dem Leben des Papstes Pius II. - von der Abreise zum Baseler Concil bis 
zur Einsegnung-der Kreuzzugsßotte gegen die Türken im Hafen von Ancona - im Auf- 
trage des Neffen des Francesco Piccolomini (nachher Pius lll.) zur Darstellung brachte. 
Die Ausführungen über die Composition _und Kunsytweiae jener Wandbilder, wie sie der 
Vortrag entwickelte, fügen sich nicht leicht in die knappe Fassung eines kurzen Aus- 
zuges; nur auf die Schlussbemerkungen, welche auch eine Wendung gegen das Kunst- 
gewerbe hin nahmen, dürfte hier hingewiesen werden. Dieser Bildercyklus enthalt fast 
eine vollständige, gemalte Ausstellung für kirchlicheßKunst des 15: Jahrhunderts, im Zu- 
sammenhang mit Costum, Festgebrauch_ und ürtlicher Decoration._ln der_ getreuen 
Wiedergabe der ganzen Breite der Erscheinung, _in der liebevollen lfleinseherei für, alles 
Detail, was zum Inbegriff der vorzuführenden Existenzform gehort, gibt sich Piniuricchio 
Jahrg. 188g. g
	        
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