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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XIII (1878 / 152)

Zar Frage du llaetanohutzu. 
Ueber die praktische Bedeutung der Gesetze zum Schutze der Muster und Mo- 
delle sind die Ansichten sehr getheilt, mit aus dem natürlichen Grunde, weil die Absatz- 
bedingungen der verschiedenen Industriezweige von Haus aus so wenig gleichartig sind, 
und die Unterschiede noch verstlrkt werden durch die besonderen Verhältnisse, in 
welchen sich das eine oder das andere Gewerbe gegenwärtig befindet. Es gibt Indu- 
strien, welche auf dem Weltmarkt oder doch im inland eine derartige Stellung cin- 
nehmen und so sehr dem Bedürfniss dienen, dass sie jeden Mnsterachutz entbehren 
können; sie versorgen alle ihre Ahsatzgebiete mit ihren Neuigkeiten so reichlich, dass 
der Nachahmer zunachst keine Lücke findet, um einzubrechen, und dann Gefahr Liuft mit 
seiner Nachahmung schon wieder einer anderen, neueren Mode zu begegnen. industrie- 
zweige, deren Artikel sich langsamer verbreiten und verbrauchen, und solche, die sich jetzt 
erst ernporarbeiten und Boden zu gewinnen trachten, haben natürlich mehr Ursache zu 
wünschen, dass das Gesetz sie in der Ausbeutung dessen schütze, was sie mit Anstrengungen 
und Opfern zu Tage fordem. Dass diejenigen, welche vom Erlass der betreibenden Patente 
sofort eine neue Aera des deutschen Kunstgewerbes glaubten datiren zu dürfen, sich bald 
enttauscht sehen werden, scheint uns ausser Zweifel. Aber eines ist sicherlich gewonnen: 
die trägen und sparsamen, sowie die geschäftigen und sparsamen Fabrikanten, welche, mit 
Berufung auf den Mangel eines Schutzes, entweder gar nichts thaten oder alljährlich eine 
Reise nach Paris riskirten, um per fas et nefas -das Neueste: zu erwerben und zu Haus 
in ihrer Art nachzumachen - diese haben jetzt wenigstens die beliebte Ausrede verloren. 
Ueber die Schwierigkeit die hier in Rede stehenden Gesetze zu handhaben, hat sich wohl 
niemand von denen getauscht, welche bei der Ausarbeitung thatig gewesen sind. Nehmen 
wir den Fall, welcher uns zu diesen Zeilen veranlasst hat. Der Buchbindermeister Gustav 
Fritzsche in Leipzig, als einer der thatigsten und strcbsamsten seines Fndtes in Deutsch- 
laud mit Recht geschätzt, hat das erste Heft einer zwanglosen Publicarion: w-Moderne 
Bücheinbandcl, erscheinen lassen - Originalcurupositionen von namhaften Architekten und 
Lehrern an kunstgewerblichen Anstalten. Seine Absicht ist dabei in erster Linie denßuch- 
bindern und dem Verlagsbuchhandel Vorlagen zu bieten, welche der fabrikmassigen Aus- 
führung keine technischen Hindernisse eutgegcnstellen. Dies ist gewiss löblich. wenn wir 
die Behauptung auch nicht als richtig anerkennen dürfen: es sei bisher in den Publi- 
cationen für das Kunstgewerbe -fast keine Rücksicht auf die stylvolle Ausstattung der 
Buchdccken in Verbindung mit den Hilfsmitteln der modernen Buchbindung- - im Gegen- 
satze zur Herstellung durch Handarbeit - genommen worden. Thatsachlich ist durch die 
kunstgewerblichen Zeitschriften, die im Anschluss an Ausstellungen erschienenen Photo- 
graphien u. s. w. bereits ein grosscr Schatz von Renaissance-Einbinden dem Fnchpublicum 
zugänglich emacht worden, welche, wiewohl ohne die technischen Behelfe der Gegen- 
wart ausgefährt, doch der fabrikmissigen Herstellung durchaus keine grßsseren, oft wohl 
geringere Schwierigkeiten bieten als die von Hrn. Fritzsche herausgegebenen Vorlagen. Doch 
wie dem sein möge, wir haben jedes ernste Bemühen um die Hebung unserer Buchbindung 
zu begrüssen. Aber der Herausgeber erklärt, dass wdie gänzliche Freigebung der Zeich- 
nungen zur productiven Benutzung nicht Siattfindßne kenne; dieselben seien gegen Nach- 
ahmung geschützt, und das Recht der alleinigen Verwendung werde vom Verleger gegen 
40 Mark für jede Zeichnung an den zuerst sich Meldenden vergeben. Da steigen nun 
mancherlei Zweifel auf, welche nicht blos mit Rücksicht auf dieses Unternehmen Erörterung 
verdienen. Zunächst steht das Verbot der Nachahmung doch in unleugbarem Widersprüche 
mit der vorausgegangenen Bemerkung: dass den ausführenden Gewerben in dieser Samm- 
lung nicht nur sofort ausführbare Vorlagen, sondern auch -eine Fülle neuer Motive zuge- 
führt- werden. Jene Clausel macht das Werk lediglich zu dem illustrirten Katalog eines 
Geschäftsagenten, welcher die Vermittelung zwischen dem Künstler und dem Fabrikanten 
übernimmt. Zu dieser bescheidenen Rolle will indessen das gesammte Auftreten und die 
Motivirung desselben nicht passen. Meint der Herausgeber jedoch, dass nur die Cotnpositionen 
als Ganzes geschützt, die Motive hingegen freigegeben sein sollen - und so scheint es - 
dann deutet er selbst darauf hin wie leicht der Musterschutz zu umgehen sei. Wo ist die 
GYCHZC des r-Motivs- in dem Entwürfe für einen Bucheinband? Kann nicht die Originalität 
des Entwurfs eben so gut in den Motiven wie in deren Anordnung zu suchen sein? Und 
wenn einmal die Frage der Originalität streng geprüft würde, worauf könnte dann wohl 
der Anspruch auf Schutz für manche der hier vorliegenden Entwürfe gegründet werden? 
Es wäre kaum ein grosses Wagniss die wirklichen Originale nachweisen zu wollen, an 
welche diese Entwürfe sich anlehnen. Aus diesem Benützen treiflicher Vorbilder den Künstlern 
einen Vorwurf zu machen, liegt uns gänzlich fern. lm Gegentheil. Der Augenschein lehrt 
IQ, dass gerade diejenigen, welche die sogenannten Grolier'schen Bande gut studirt haben, 
nicht lll den so recht -modernen- Fehler verhllen sind, die ganze Buchdecke mit Ornamenten 
z? übersah, welche gar nicht reich und kraus genug ausfallen, deren Blstter und Ranken 
ach Es! nicht oft genug spalten und winden können und die endlich gar keine Haupt-
	        
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