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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XIII (1878 / 159)

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Die Haupt-Verkehrswege gehen nach Norden, Süden und Osten. 
Sie setzen das Land in Verbindung mit dem deutschen Reich, mit Italien 
und den übrigen österreichischen Kronländern. Kein Land ist auf den 
Export von lndustrieartikeln so angewiesen als Tirol. Von jeher ist der 
Sinn des Tirolers auf das Auswandern gerichtet und es müssen neben 
der künstlerischen Begabung der Bevölkerung auch deren hervorragende 
kaufmännische Eigenschaften in Betracht gezogen werden. Fast in der 
ganzen Welt begegnet man Künstlern aus Tirol, insbesondere Bildhauern 
und Malern; die Händler, namentlich aus bestimmten Gegenden, wie dem 
Grödner und dem Zillerthale, sind ebenfalls überall anzutreffen. Alle drei 
Productionsgebiete des Landes, Deutschtirol, Wälschtirol und Vorarlberg, 
waren auf der Ausstellung vertreten, welche in den schönen Räumen des 
Innshrucker Pädagogiums abgehalten wurde. So verschieden die politischen 
Parteien in Tirol sind, so fanden sich doch diesmal Nordtiroler, Südtiroler 
und Vorarlberger dort einträchtig zusammen; das richtige Gefühl der 
Selbsterhaltung führte die Industriellen auf den gemeinsamen Boden nach 
Innsbruck. Es wurde selbst von Einheimischen bemerkt, dass die dies- 
jährige Ausstellung nicht als eine Partei-, sondern als eine Landesange- 
legenheit behandelt wurde und dass sich die Gegensätze der politischen 
Parteiungen des Landes bei diesem Anlasse in keiner Weise bemerkbar 
machten. Dieser Strömung der öffentlichen Meinung entsprechend hat auch 
die Ausstellung in allen Blättern des Landes Anklang gefunden, und bei 
dem schönen Erfolg derselben darf man nicht zweifeln, dass, wenn in 
einigen Jahren vielleicht in denselben Räumen wieder eine gewerbliche 
Ausstellung stattfindet, das Land Tirol reicher, glänzender und auch voll- 
ständiger vertreten sein wird, als es dieses Mal der Fall war. 
Die eminente künstlerische Begabung der Bewohner Tirols kommt 
in verschiedener Weise zum Ausdruck. Je näher man das Volksleben 
in Tirol kennt, desto mehr staunt man über die Findigkeit der Bewohner 
sich Erwerbsquellen zu schaffen, Industrien zu beleben, die bestehenden 
Verhältnisse auszunützen und für ihre Producte sich einen Markt zu 
sichern. Bekannt sind die Teppiche aus Kuhhaaren, die meist im Puster- 
thale angefertigt, und von den Deifreggern nach der ganzen Welt getragen 
werden. So ist es mit den I-Iüten aus dem Selrainer Thale, so mit der 
I-lolzschnitzindustrie im Grödnerthale, mit den Filigranarbeiten im Am- 
pezzothale, mit den Eisenarbeiten im Stubaithale, mit den Spitzen in 
Proveis u. s. f. Das hübsche Buch von? Dr. v. l-Iörmann über die vTiroler 
Volkstypenk ') gibt zahlreiche Beispiele. Es ist daher begreiflich, dass 
grossen Dienst erweisen, soiidern sich auch alle Kunstforscher zu Dank verpßichten, denen 
es kaum möglich ist, diese Aufsätze aus so bewährter Feder in allen den verschiedenen 
Zeitschriften aufzusuchen. 
') Tiroler Volkstypen. Beiträge zur Geschichte der Sitten und der Klein- 
industrie in den Alpen von Dr. L. v. Hdrmnnn. Wien, bei C. GerolcVs Sohn, 1877. 
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