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Paragraphe bestimmt auszusprechen , dass gewerbliche Fachcurse an
jenen Orten einzuführen wären, wo Hausindustrien oder Gewerbe in
reichlichem Masse ausgeübt werden. Aber, obwohl von diesem Paragraphe
ein geringer Gebrauch gemacht wird, so ist doch kein Zweifel, dass es
in den Wünschen der Gesetzgeber gelegen war, gewerbliche Fach-
curse mit der Volksschule in Verbindung zu bringen. lm concreten Falle
sind dann die oft ganz verschiedenen Bedürfnisse der einzelnen Kron-
länder der Monarchie von massgebender Bedeutung. In Kronländern,
wie Galizien, Bukowina, Dalmatien, Krain, ja selbst Vorarlberg, wird
eine gewerbliche Vorbildung nur durch die Volksschule vermittelt werden
können. Alle gewerblichen Schulen, welche in den genannten Län-
dern vorbereitet werden, setzen voraus, dass die Volksschule der eigent-
liche Anknüpfungspunkt einer gewerblichen Thätigkeit ist. So arbeitet
sich die Gewerbeschule in Czernowitz nur mühsam durch, und ihre Le-
bensfähigkeit ist nichts weniger als gesichert, hauptsächlich darum, weil der
Boden für eine gedeihliche Entwickelung durch die Volks- und Bürger-
schule nicht vorbereitet wurde. In Galizien, wo es, insbesondere in adeligen
Kreisen, eine Reihe von patriotischen Männern und Damen gibt, welche die
gewerbliche Production anregen und fördern, tritt derselbe Umstand diesen
Bestrebungen hindernd in den Weg, und fällt es daher ungemein schwer, eine
Art von Schulen zu errichten, welche die von der Volksschule leer gelassenen
Lücken ausfüllen und dahin zielen sollen , für das gewerbliche Bildungs-
bedürfniss der Bevölkerung neben der Volksschule zu sorgen. Diese par-
ticularen Bedürfnisse kommen freilich allen denjenigen sehr ungelegen,
welche von juristischen und bureaukratischen Gesichtspunkten aus die Ver-
hältnisse beurtheilen und das Gesetz nach einer bequemen einheitlichen
Norm durchgeführt wissen wollen.
Ebenso wie die eigenthümlichen Culturzustände einzelner Kron-
länder einer generalisirenden Einrichtungsvorschrift widerstreben und
Modificationen in der Anwendung und Durchführung der im Volks-
schulgesetze aufgestellten Principien dringend heischen, so verlangen
auch wieder diejenigen Gegenden der Monarchie, welche im eigent-
lichen Sinne des Wortes industrielle Gebiete sind, besondere Vorkeh-
rungen und eine erhöhte Rücksichtnahme auf die gewerbliche Ausbil-
dung der Jugend. So wird vor Allem die Möglichkeit eines innigeren
Contactes der kunstgewerblichen Fachscbulen mit der Volks- und Bürger-
schule angestrebt werden müssen , und es scheint mir eine solche Annä-
herung namentlich im Interesse der Fachschulen selbst geboten. In dieser
Hinsicht ist es jedoch nicht nöthig, dass bei allen Fachschulen eine Ver-
bindung mit der Volks- und Blirgerschule hergestellt werde; aber es darf
eine solche Verbindung, da, wo sie nützlich und unentbehrlich ist, nicht
durch generelle Einrichtungen und Gesetze ausgeschlossen sein.
(Fortsetzung folgt.)