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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XIV (1879 / 162)

daneben noch eintönige Siklätünstolfe anderer Farbennüancen, wozu sehr 
bald die buntfärbig dessinirten Arten in Gebrauch gekommen waren n). 
Hält man Alles bisher über Bezeichnung, Textur und Farbe der 
siklätünischen Stoffe Gesagte zusammen, so ist unschwer zu erkennen, 
dass dieselben eben zu jener Gattung von Webereien gehören, welche 
schon in sehr früher Zeit aus dem Oriente nach Europa gebracht (pallia 
holoserica transmarina), zu kirchlichen Zwecken, vorzüglich aber zur 
Anfertigung der festtäglichen oder bischöflichen Messgewänder (planetae, 
casulae) dienten. Und in der That, die casulae des h. Bernhard in Aachen, 
des Bischofs Benno von Osnabrück, des h. Anno, Erzbischofs von Köln, 
des Erzbischofs Willigis in der St. Stefanskirche zu Mainz, des h. Heribert 
zu Deutz, des h. Bernward zu Hildesheim u. s. w. geben davon herrliche 
Beweise. Freilich ward in späterer Zeit, als die bischöflichen Messgewänder 
rücksichtlich ihrer decorativen Ausstattung willkommene Objecte der fort- 
geschrittenen Stickkunst bildeten, das Siklätüngewebe durch andere schwerere 
Stoffe, z. B. durch den Satnmt, zum Theil verdrängt. Allein es hat sich 
trotzdem im Allgemeinen bei allen Bevölkerungsclassen eine grosse Be- 
liebtheit bewahrt, die einigermassen begreiflich wird, wenn man die unge- 
wöhnliche Mannigfaltigkeit seiner Verwendung in's Auge fasst "). 
lnsbesondere der golddurchwirkte Siklat gehörte zu den kostbarsten 
Prunkgeweben. Für die Zeit seiner Erzeugung liegt uns schon aus dem 
Beginn des r2. Jahrhunderts ein orientalisches Zeugniss vor H). Gegen 
Schluss des r3. Jahrhunderts, also in der Epoche derGesandtschaft Rudolph's 
von Habsburg, war der Siklat als Goldstoff (pannus aureus) in Europa 
sowohl in seinen echten orientalischen Mustern, als auch in italienischen, 
spanischen und französischen Imitationen allgemein verbreitet. 
Es muss leider unentschieden bleiben, ob die fünf i-Lastenw des könig- 
lichen Geschenkes goldbrochirten, eine oder mehrtönigen Siklät, 
oder alle drei Arten gemischt, enthalten haben. Die Nennung desselben 
an erster Stelle, also vor dem Altas, ist nur insoferne entscheidend für 
seine Qualität, als der letztere, weil von minderer Geltung, in den ara- 
Monusterium Sancti Georgii maioris de Venetiis: nltem paramenta duo ab Ahbate pulehra, 
et maxime plunetas de Sirico et auro laboratam-ltem paramenta ab altere qualuordecim 
de parmis Siricis, inter quae est unum nouumm 
") lm Oriente mindestens schon im X. Jahrhundert. Abu-l-mahäsin, Annnles 
ed. Juynboll, ll, p. 455; Makrizi, Chitlt (Bulaker Ausgabe) l, p. 447; im k. k. Oestcrr. 
Museum zu Wien fand ich unter Nr. 57 der Boclfschen Sammlung, um mit Abü-l-mahäsin 
zu sprechen, solch' einen nrnit(verschiedenen) Seidenfarben dessinirten Siklätünx 
(zs-sikldtün el-manküsch bi-alwdn eI-harfr). Er dürfte wohl dem XllJXlll. Jahrhundert 
angehören. 
") Uebersichllich zusammengestellt für das europäische Mittelalter bei Frencisque- 
Michel, l. c. l, p. no (f. 
ü) lm Jahre H18 hob der abbäsidische Chalife el-Mustarschid billäh in Folge der 
allgemeinen Noth die für die Siklitün-Fabrikanten von Bagdäd lästigen Pachtungen der 
Goldflden auf. lbn el-Athir, Chronicon ed. Tornberg, torn. X, p. 382.
	        
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