MAK
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Internationale Sammler-Zeitung. 
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hohe Steuern, das läßt sich auf normalem Wege nicht leicht 
hereinbringen, ln der Auslage sieht man kleine Terra 
kotten, billige Bibelots und einfache Porzellanfigürchen, 
mit fünfzig, hundert oder zweihundert Francs etikettiert; 
roenn er die oerkauft, hat er nichts nerdient. Diese 
Sächelchen sind nur Anlockung. ITlan soll sehen, daß um 
geringes Geld Preisanirdiges geboten wird. Der Besitjer 
lungert gelangroeilt hinter seinem Geschäftspult und 
kümmert sich gar nicht um die kleine Pariser Kundschaft, 
die überläßt er seinen Kommis. Cr erwacht erst aus 
seinem Dämmern, roenn der lllandarin erscheint. 5ür den 
hat er einen sicheren Blick. Das ist in der Regel ein 
dicker Herr in einem Astrachanpelz und mit dielen 
Brillanten an den fingern. Gouoernement Jekaterinoslau 
oder Rishnijnorogorod. Das ist der eine Typ. Oder ein 
kleines dürres ITlännchen mit mattgelbem Teint und einer 
grellen buntfarbigen Krawatte. Geographische CageBuenos- 
Ayres oder Valparaiso. Das ist der ITlandarin Rümmer 
zwei. Beide Cxemplare sind außerordentlich geschaßt wegen 
ihres Geldes, das sie so leicht und so gerne los werden. 
Sie bekommen für unmenschliche Summen irgend einen 
wertlosen, aber pompös aussehenden Gegenstand. 
Ich entdeckte in einer Cadennische zwei große 
chinesische Vasen, wie sie jedes Kauffahrteischiff aus 
Schanghai mitbringt, und frage was sie kosten. „Das weiß 
ich selbst noch nicht“, sagt mir der Cadenbesißer, „das 
hängt ganz daoon ab, wer sie haben will. Gin Kenner 
kauft sie gewiß nicht und der ITlandarin soll dafür tüchtig 
zahlen. Das Wichtigste ist, daß man zu beurteilen t>er- 
steht, roieniel man einem zumuten darf. Die meisten 
haben sich ja oorgenommen, einen bestimmten Betrag aus 
zugeben. Und dann kommt es auch darauf an, ob mir 
im gegebenen ITloment etwas Passendes einfällt. Vielleicht 
sind diese zwei Vasen, die ich uor oierzehn Tagen aus 
China bekommen habe, im Schreibzimmer des Schlosses 
fontainebleau gestanden, als Rap.olean die Abdankungs- 
urkunde unterfertigte. Crhöht das nicht den Wert der Vasen 
ins Ungemessene? Cr sann einen Augenblick nach. 
„Rapoleon fontainebleau Abdankung, das klingt 
sehr hübsch. ITlacht sich auffallend gut. Ich denke, ich 
werde bei dieser fassung bleiben. Sie schadet Riemandem, 
denn der Glaube macht selig und mir wird sie nüßen. 
Und dann, möglich wäre es immerhin, warum sollten 
diese Vasen nicht im Schreibzimmer Rapoleons gestanden 
haben? Wenn ich noch lange mit Ihnen darüber plaudere, 
bin ich sogar selbst daoon überzeugt.“ Cr lächelte zynisch 
und fügte dann seufzend hinzu: „da, roenn er nur kommt, 
der ITlandarin! Rach meiner Crfahrung und nach meinen 
statistischen Aufstellungen ist er alle sechs Wochen einmal 
bei mir im Geschäft. Rur roenn sie in Rußland Krieg 
haben oder roenn sie sich in Chile bei einer Reoolution 
die Köpfe blutig schlagen, bleibt er aus. Dann freilich 
haben wir eine schlechte Saison.“ 
Die meisten JRenschcn sind durch ihr schmales Porte- 
monaie daoor geschiißt, zum lllandarin zu werden. Aber 
gelegentlich kann sich auch der minderbemittelte etwas 
leisten. Cs gibt Interieurs, die mit einem minimalen Auf 
wand, allerdings im Verlaufe einer längeren Zeit, ent 
zückend hergerichtet worden sind. Cs geht schon, wenn 
man sich nur die Rlühe nicht oerdrießen läßt, und auch 
die nötige Bedächtigkeit hat, um auf passende Crgänzungen 
und Ausschmückungen seines Heims zu warten. Ulan 
darf nur nicht einen Corot haben wollen, roenn man bloß 
hundert Gulden ausgeben kann, und man soll nicht in 
das nächste Rlagazin treten und Kunstwerke einhandeln, 
wie Zuckerrüben und fisolen. Das Wort fausts: „Rame 
ist Schall und Rauch“ ist nirgends so wahr wie bei 
Kunstwerken. Bei näherer Prüfung durch einen fachmann 
oerflüchtigen sich die meisten Reimen zu Schall und Rauch, 
und was gestern noch ein Tizian war, ist heute oielleicht 
schon die Arbeit eines unbekannten Jüngers der tiziani- 
schen Schule. Wir machen es ja unaufhörlich mit, daß 
Bilder und Statuen, die nach Hunderttausenden bewertet 
wurden, und geradezu einen Bestandteil des llationaloermögens 
darstellten, oon Kennern plößlich als falsifikate gebrand 
markt werden. Wenn es den bedeutendsten Conaisseurs 
gestattet ist, zu irren, dann darf man es dem Caien nicht 
zu schlimm anrechnen, wenn er hereinfällt. Aber wozu 
sich erst auf die Pfade begeben, die mit Irrfümern dicht 
bewachsen sind? Cs gibt junge ITlaler und Bildhauer 
genug, die glücklich sind, roenn sie die Crstlinge ihres 
Könnens überhaupt an den IRann bringen. Die suche man 
auf. Sie fälschen nicht, sie geben, was sie haben. Ulan 
sammle Gegenwart, dann hat man oielleicht in der Zu 
kunft roertoolle Vergangenheit. 
f 
Hlt-Hamburgi5die Deckenmalereien. 
Das ITluseum für Hamburgische Geschichte hat in letzter 
Zeit verschiedene Deckenmalereien erwarben, die, nebeneinander- 
gestellt, einen Überblick, über einen interessanten Zweig altham- 
burgischer Zimmerausstattung während des 17. Jahrhunderts ge 
währen. 
Die älteren Decken entstammen dem Hause Deichstrafje 53, 
das, wie die überragende fachwerkwand mit dem hohen Spil]- 
giebel andeutete und wie urkundliche forschungen des Staats 
archivs bestätigten, um 1585 neu erbaut wurde. Die älteste Decke 
dürfte die sein, die in dem großen Saale des Hauses unter einer 
blaugrünen Verschaldecke zum Vorschein gekommen ist. Was sie 
charakterisiert, ist zunächst die Vielfarbigkeit, die noch den Cin- 
druck unoermittelter Buntheit macht. Die färben stehen scharf 
nebeneinander; das Bestreben geht sichtbar auf eine JTtannigfaltig- 
keit, in der jedem Tan annähernd die gleiche Bedeutung eingeräumt 
wird. Die Wirkung ist dem entsprechend frisch und fröhlich. Dem 
stilistischen Charakter der ITlalerei entsprechend ist die Zeichnung, 
die unoerbunden fruchtstücke, Tiere und manschen in mannigfacher 
Beschäftigung zeigt, noch uerhältnismäfjig dünn ausgezogen; be 
sonders die ornamentalen Randoerzierungen, deren spitge Cinie in 
Punkte ausläuft, machen den Cindruck, als ob sie Ornamentstichen 
des 16. Jahrhunderts nachgezeichnet wären. Ganz so hoch hinauf 
freilich wird man die Decke zeitlich nicht setjen dürfen, denn die 
Kleidung wie auch gewisse eigenwillige, aus dem rankenmäijig 
umbogenen Ornament gewonnene Schnörkel weisen die ITlalerei 
dem Anfang des 17. Jahrhunderts zu. 
Die im Alfer folgende Decke stammt aus dem rechten 
Parterrezimmer des gleichen Hauses. Auch sie hat noch die gleiche 
bunte farbigkeit, die sich aus etwa zehn Tönen mit gewollter Un- 
harmonie zusammensetjt. Die Komposition ist fast geometrisch 
scharf; zwei wie am Cineal gezogene Bilderstreifen laufen parallel 
über die ganze fläche; sie sind gefüllt mit oergitferten Ooal- und 
Quadratfenstern, die durch marmorierte Streifen oder durch ähnliche 
quer laufende Bänder miteinander oerbunden werden. An die 
■senster schließen sich barock gewundene kurze Schnörkel, die aber 
charakteristischerweise noch nicht aus den Ooalen selber entwickelt, 
werden, sondern in loser Verbindung mit diesen ein noch ziemlich 
unbemerktes Dasein führen, ln die Oualfenster sind schlanke 
Hirsche, Pferde usw. gemalt; sie sind teilweise in ihrer Bewegung 
oorfrefflich charakterisiert, wenn auch noch weif entfernt oon der 
prachfoollen (Energie und Körperlichkeit, die das Barock seinen 
Tiergestalten zu geben wußte. Die Illusion, die Tiere im Vorbei 
eilen an den fenstern zu zeigen, wäre allerdings bei einer Decken 
malerei glaubwürdiger durch die (Einführung oon Vaqeln erreicht 
worden. 
Die übrigen Decken im Besitj des ITluseums gehören dem 
entwickelten Barock, der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts an. 
Sie unterscheiden sich in zwei Hauptpunkten oon den oorbe-
	        
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