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Volltext: Alte und Moderne Kunst III (1958 / Heft 1 und 2)

 
Fcsxlichcr Gabcnlisch für Gastgeber und Gäste. Uiwrrvlvlwlsvhv WHl-Slälwn: 
Pingnim-flnkrhcu.llnnll-Ishuhukrwc. Dclnrue: Srhmurk: Bovurmävhuhe! Bellen-l. 
PHANTASIE UM KLEINE DINGE 
Von BARBARA COUDENHOVE 
-KALERGI 
Es hilft nichts: auch die sorgfältigst geplanten Feste können da- 
nebengeheri. Meistens merkt es der Gast schon, während er in der 
Garderobe seinen Mantel auszieht, daß die Stimmung auf „tief" 
steht: man riecht es förmlich, daß hier jeder den anderen anödet. 
Matte Paare, denen das Tanzen keinen Spaß macht, weil die 
Kapelle so flau spielt und eine flaue Kapelle, der das Spielen 
keinen Spaß macht, weil die Leute so matt tanzen. Gesprächs- 
fetzen „. .. diese Trotteln von der Zentrale glauben, sie können 
mit uns machen was sie wollen"... „... in Holland sind jetzt 
schon die Semmeln radioverseucht . . .", „ . . . genau die gleichen 
Symptome wie beim Onkel Maxl, bevor er seinen Herzinfarkt 
gehabt hat..." Das sind Sturmzeichen. Der Kundige sieht mit 
einem Blick, daß er hier in eine Niete geraten ist und verläßt als- 
bald das unglückliche Haus. Weiß der Himmel, was es war: die 
Beleuchtung vielleicht, die Kapelle, das Büfett, die Bar, die Gäste 
- meistens sind es die Gäste - das Wetter oder das allzugut ge- 
lungene Fest vom vorhergehenden Abend, dessen Katzenjam- 
mer die Übermüdeten nun in den nächsten Ball mithereinge- 
schleppt haben. Müssen Bälle so sein? 
Der weise Gastgeber kann niemals, wenn er seine Freunde ein- 
ladet, sicher sein, einen herrlichen Abend vor sich zu haben - 
da sind Imponderabilien - aber er kann vorausplanen und sein 
Möglichstes tun, damit nachher alle sagen: was für ein reizen- 
des Fest. Er kann zum Beispiel genügend wirklich hübsche 
Frauen einladen, die die Männer anregen, geistreich und char- 
mant zu sein. Er kann ihnen um Mitternacht etwas Originelles, 
Heißes und Köstliches servieren, das die Lebensgeistcr wieder 
anregt und später reichlich schwarzen Kaffee, der die Übermü- 
deten an- und die allzu Alkoholfreudigen abrcgt, er kann sich 
vor allem selbst ausgezeichnet amüsieren und damit seine Gäste 
anstecken. 
Heuer gibt es in Wien ZOO offizielle Bälle und darüber hinaus 
zahllose private Feste, vom vornehmen Nobclball bis zum über- 
mütig-iiberspannten Atelierfest. Die Kaffeesieder tanzen, die Last- 
fuhrwerkerssöhne, die Philharmoniker und die Campagnereiter, 
die tschechoslowakisehen Handwerker und Kaufleute, die Ra- 
pidfreunde, die Filmstars und die Journalisten, die Kriminalbe- 
amten und die Absolventen der Elmayer-Tanzschule - kein Saal, 
keine größere Wohnung, in der nicht irgcndeinmal bis zum 
Aschermittwoch ein Fest oder ein Festchen gegeben wird. Trotz 
Sputnik und Atomversuchen bekommen die Leute wieder Mut 
zum Festefeiern, haben gute Ideen und die Frauen ziehen sich 
wieder elegant an. jeder kann das bestätigen: die Balldamen 
werden von Jahr zu Jahr hübscher. 
Die Faschings-Schöne von 1958 hat mit der saloppen, sachlich- 
mondäneu Schönen des Tages nichts, aber nichts mehr gemein. 
Ab neun Uhr abends verwandelt sie sich in ein anderes Wesen: 
Sie ist romantisch, aufregend, zärtlich, heiter-verspielt und ver- 
wirrend feminin. Sie trägt Abendkleider aus kostbaren Brokaten 
wie im Cinquecento, oder Wolken aus Chiffon, völlig verrückte 
Abendhütchen, Schuhe wie kleine glitzernd-bunte Paradiesvögel, 
straflbestickte Abendhandschuhe, und Schmuck, echten und fal- 
schen, in einer Vielfalt und Phantasie wie kaum je vorher. 
Bei den Kostiimhällen und Künstlcrfesten haben die rowdy- 
haften Cowgirls und die Apachinncn plötzlich nichts mehr zu 
suchen. Statt ihrer sieht man bezaubernde Fabelwesen, bizarre 
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