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Eine alte einheimische Industrie Mährens ist die Keramik. Die
altbekannten Znaimer Thonwaaren erscheinen auf der Ausstellung schwächer
vertreten, als man erwarten möchte. Gewöhnliches Gebrauchsgeschirr,
aber mit guter Ornamentirung, gelb in braun ausgespart, findet sich nur
bei einem Aussteller, anspruchvolleres Fayencegeschirr bei zwei anderen
Znaimern, zu denen noch Schlitz in Blansko hinzutritt. Auch die Ofen-
industrie hat mehrere Vertreter geschickt, deren Thätigkeit bereits wie
anderwärts den schlichten Kachel-, den architektonisch aufgebauten Re-
naissance- und den lichten Rococo-Ofen mit gleicher Virtuosität umfasst.
Das Kunst-Glas ist durch Erzeugnisse der Firma Reich 8c Comp.
vertreten, deren Bestreben auf möglichste Vielseitigkeit gerichtet zu sein
scheint. Die eigentliche Glasmalerei übt Skarda in Brünn in aufmunterungs-
würdiger Weise.
Am zahlreichsten haben sich die Möbel-Industriellen eingefunden.
Im Allgemeinen scheinen es dieselben nicht so sehr auf die Herstellung
von luxuriösen Prachtwerken, als von gefälligen bürgerlichen Gebrauchs-
möbeln angelegt zu haben; auch sind sie fast ausschließlich der Re-
naissance treu geblieben, was freilich weniger aus Neigung als aus man-
gelnder Fertigkeit in den späteren Stilen zu erklären sein dürfte. Auch
lagen ihnen gerade für Renaissancemöhel in der reichhaltigen Möbel-
sammlung des Brünner Museums ganz vortreffliche Muster vor, die
namentlich Stern und Knapp in Triesch mit gutem Verständnisse zu co-
piren wussten. Ausgesprochenes Rococo-Ornament trägt blos ein lnterieur
zur Schau, das aber von einer Confectionstirma ausgestellt wurde. Daneben
begegnen uns Versuche in bunter lntarsia, in Brandtechnik, in Anpassung
gebogener Möbel an die herrschenden alten Stilweisen, worunter die
Renaissance offenbar am allerunglücklichsten gewählt wäre, in Verkleidung
von Flächen mit gothischem Maßwerk, darunter eine Credenz vom Aus-
sehen eines Altarbaues und anderes mehr. Musterarbeiten, an denen aber
etwas von steifem Schulcharakter kleben geblieben ist, hat die Fachschule
für Holzindustrie in Wallachisch-Meseritsch vorgeführt.
Die mährische Textil-Industrie wendet sich im Wesentlichen der
Herstellung von Tuchen zu, wobei für Bethätigung der Kunst nicht viel
Raum geboten erscheint. Am ehesten tritt diese in den Probearbeiten der
Webeschulen des nördlichen Mährens zu Tage, wo sich bereits die Be-
rührungen mit der schlesischen Leinenweberei bemerkbar machen.
Auf die Stickerei hat oiTenbar das neuerwachte Interesse für die
Ueberreste der in Mähren früher in Uebung gewesenen textilen Haus-
industrie fördernd eingewirkt. Man zeigt sich vielfach bestrebt, diese
zahlreich erhaltenen Muster zu copiren, was mit Rücksicht auf den reinen
Renaissancecharakter dieser in localer lsolirung stecken gebliebenen Re-
naissancestickerei nach der technischen Seite keine Schwierigkeiten bietet.
Das Beste in dieser Beziehung hat die Lehrerin A. Walter zur Ausstellung
gebracht. Was sonst von Damenarbeiten vorliegt, gewährt mit wenigen