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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe III (1888 / 12)

und muss die große Genauigkeit in der Wiedergabe der charakeristischen 
Haltung des Modells, der Verhältnisse und anatomischen Besonderheiten, 
sowie den lebendigen Ausdruck der Gesichtszüge besonders hervorhebenm 
Vorzügliche Aufmerksamkeit wird der Blumenmalerei gewidmet, 
welche für die Seidenindustrie von Lyon ja die größte Bedeutung hat. 
Der Schüler, welcher die Pßanzen naturalistisch getreu wiederzugeben 
gelernt hat, wird dann angeleitet, bestimmte Blüthen, Blätter etc. nach 
der Natur zu skizziren und sie darnach in Ornament umzubilden. Diese 
Ahtheilung ist sehr stark besucht und die Schüler haben während der 
letzten zwei Jahre einen Nachmittagsunterricht in einer Classe für deco- 
rative Kunst durchzumachen; auch werden mit ihnen besondere Jahres- 
prüfungen abgehalten. 
Um in die Classe für decorative Kunst aufgenommen zu werden 
muss der Schüler eine Prüfung bestehen, und zwar eine Zeichnung nach 
dem Runden, eine ornamentale Cornposition, ein Ornament nach Gyps, 
eine Ornamentskizze in Wasserfarben ausführen, und seine Kenntnisse 
in der allgemeinen Kunstgeschichte und in den Anfangsgründen der Perv 
spective darthun. 
Der Schwerpunkt dieser Anstalt liegt nach der industriellen Seite 
hin. Doch nehmen die französischen Lehrer grundsätzlich keine so scharfe 
Trennung zwischen hoher und gewerblicher Kunst vor, wie sie in anderen 
Ländern gebräuchlich ist. 
Die Ecole nationale des arts däcoratzfs in Paris ist 1765 als unent- 
geltliche Zeichenschule für Arbeiter gegründet worden. Bis 1874 war sie 
Abendschule. Dann wurde ein Tagescurs für decorative Kunst eröffnet, 
und seit 1880 ist die Schule den ganzen Tag geöffnet. Ihre Aufgabe 
ist, Künstler für bestimmte Geschäftszweige auszubilden. Wie ähnliche 
Schulen in Frankreich steht sie unter der Oberleitung einer Behörde, 
welcher der Director der Kunstverwaltung vorsteht, und unter einem 
Verwaltungsrathe von vierzig Mitgliedern, welche der Minister aus den 
Kreisen der Kunst und Industrie wählt. Gegenwärtig ist Director Herr 
A. Louvrier de Lajolais, dem auch die Schulen für decorative Kunst zu 
Aubuisson und Limoges untergeordnet sind. Der jährliche Staats- 
aufwand beträgtjloaooo Frcs. 
Der Lehrplan ist dieser. Montags und Donnerstags während des 
ganzen Tages Arithmetik, Algebra in Brüchen, Logarithmen und Glei- 
chungen des ersten und zweiten Grades, Geometrie und geometrisches 
Zeichnen mit Demonstrationen an der Tafel. In einer eigenen Abtheilung 
geometrisches Zeichnen und Werkzeichnen mit dem Zirkel etc. und aus 
freier Hand, und mit Prüfungen vor der Tafel. 
Dienstags und Freitags am Abend: Architektur und Constructions- 
lehre, technisches Zeichnen, Stereotomie und Holzconstruction, Statik, 
Materialienkunde, architektonische Composition, durchwegs mit Uebungen
	        
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