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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XII (1877 / 136)

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Schablone an sich hatten und an denen man heutigen Tages mit ziem- 
licher Gleichgiltigkeit vorübergeht. Es zeigt sich bei dieser Gelegenheit, 
dass es, um die Plastik zu fördern, wesentlich auch auf die Art, wie die 
Aufträge ertheilt werden, ankommt. Insbesondere in unseren Zeiten, wo 
der Geschäftsgeist in Literatur und Kunst hemmend einwirkt und wo der 
ideale Zug in der Kunst durch äussere Verhältnisse vielfach gebrochen 
ist, handelt es sich nicht blos darum, zahlreiche Aufträge zu ertheilen, 
sondern sie in rechter Weise zu geben und zu dotiren. Die Münchener 
Kunst, speciell die Plastik, litt unter diesen Verhältnissen, und aus 
diesem Grunde auch war es wohl gerechtfertigt, ausgezeichnetem Zög- 
linge nach Dresden und nicht nach München zu schicken. Glücklicherweise 
haben die Verhältnisse der Wiener Akademie nach dieser Richtung hin 
sich in jüngster Zeit wesentlich zum Besseren gewendet; an ihr wirken 
zwei hervorragende Künstler, Kundmann und Zumbusch, die sich auch 
nach ihren Kunstrichtungen glücklich ergänzen. Zum ersten Male seit un- 
vordenklichen Zeiten besitzt die Akademie für ihre Professoren wohlein- 
gerichtete Bildhauer-Ateliers wie in Dresden und Berlin, in denen jene jün- 
geren Bildhauer nach Massgabe der Aufträge sich entwickeln können, welche 
den Professoren selbst zur Verfügung stehen. Die gerade für Bildhauer 
so wichtige Lehrkanzel der Anatomie ist jetzt in die Hände eines Ana- 
tomen von Fach und Beruf gelegt, und im nächsten Jahre wird in Wien 
zum ersten Male an die Aufstellung eines grösseren Museums für Gyps- 
abgüsse in den Räumen der neuen Akademie gedacht. Nach dieser Rich- 
tung hin sind die Wege für die Zukunft geebnet, soweit dies eben durch 
Akademien und Schulen geschehen kann. Aberßfrüher noch, als die Reform 
des plastischen Unterrichts an der Akademie durchgeführt wurde, traten 
mächtige Bewegungen hervor, welche tief in die Verhältnisse der Wiener 
Plastik eingrilien. Die moderne Gesellschaft hat das Bedürfniss, ihren 
Heroen Gedächtnißstätten zu errichten; sie kann der Denkmalssprache 
nicht entbehren. Sobald sie sich mündig fühlte, machte sie von dieser 
Ausdrucksweise Gebrauch; auch in Oesterreich. Die Bewegungsjahre haben 
das lang andauernde Schweigen der Völker unterbrochen, Erinnerungen, 
welche man als längst vergessen betrachtete, wurden wieder lebendig. 
Die Plastik kam wieder zu Ehren und die Bildhauerkunst trat in das 
Licht der OeEentlichkeit, das sie lange genug meiden musste. 
Wien, das so arm an öffentlichen historischen Denl-tmalen war, be- 
lebte sich mit einem Male wie durch Zauberschlag, und diese Bewegung, 
an deren Spitze als erster Sohn Oesterreichs, als achtes Kind seiner Zeit 
der Kaiser trat, dauert noch ununterbrochen fort. Das erste hervor- 
ragende Denkmal, welches auf diesem historischen Gedankenprocess be- 
ruht und im Auftrage des Kaisers ausgeführt wurde, ist die kolosslle 
Reiterfigur des Erzherzogs Karl. Ihr folgte bald diejenige des Prinzen 
Eugen von Savoyen und einige Zeit darauf das Reiterdenkmal des Heer- 
fiihrcrs der verbündeten Armeen im Befreiungskriege, des Fürsten Karl
	        
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