26
als solches bietet. Für die monumentale Plastik haben sie sich als wenig
geeignet erwiesen. Ist es an und für sich schon etwas Widersprechendes,
Terracottafiguren dort anzubringen, wo man ein besseres Material für
architektonische Glieder verwenden könnte, so haben die Terracottafiguren
noch das Unangenehme, dass sie, ie höher sie stehen, desto weniger
deutlich sind; es kommt höchstens die Silhouette, aber fast nirgends die
bildhauerische Arbeit zur Geltung. Es können daher die Figuralen Terra-
cotten nur als eine Art von Surrogat betrachtet werden; man wendet sie
an, weil man eben kein Geld für Figuren in besserem Materiale hat; sie
sind in der Regel nichts als ein Nothbehelf. Auch muss man die Terra-
cotta mit Farbe verbinden - von vergoldeten Terracotten bei den
Griechen sprechen schon die alten Schriftsteller - oder man muss die
Farbenwirkung mit ihnen in Verbindung bringen, wie bei den Robbia's.
Die reine Terracotta aber muss, wie gesagt, künstlerisch behandelt sein,
im eigentlichsten Sinne des Wortes; mit der fabriksrnässigen Erzeugung
von Figuren in Terracotta degradirte sich die Plastik selbst.
Wir haben der technischen Seite der Plastik etwas mehr Aufmerk-
samkeit gezollt als es vielleicht nöthig war, aber es würden die Erschei-
nungen in unserem Bildhauerleben in der Aera der Stadterweiterung nicht
mit aller Deutlichkeit hervortreten, wenn wir über die Materialsfrage nur
fiüchtig hinweggegangen wären. Vereinigen wir die einzelnen Züge der
Plastik in der Sturmperiode der Stadterweiterungsbauten, so erhalten wir
das Bild eines überstürzten Baulebens, das der Bildhauerei nachtheilig
war. Die Zahl der Bildhauer vermehrte sich, ohne das Interesse für das
plastische Kunstwerk zu vermehren. Je schneller eine Arbeit geleistet
werden musste, desto weniger Ansprüche konnten erhoben werden, desto
geringer war die Entlohnung und die Bildhauerkunst war in Gefahr, eine
Unternehmung zu werden wie Unternehmungen anderer Art, wo den
Gewinn und die Auszeichnung diejenigen ernten, welche die Unterneh-
mung leiten, aber nicht der Künstler, welcher das Kunstwerk schafft.
Wir würden sagen, es sei gut, dass wir diese Periode hinter uns haben,
würde der Weg, den wir überschauen, nicht mit so viel Trümmern, nicht
mit so viel socialem und persönlichem Unglück bedeckt sein. Die Er-
nüchterung musste kommen, und als ein Symptom dieser Ernüchterung
muss man die Petition bezeichnen, welche die Bildhauer Wiens vor einigen
Monaten den verschiedenen Ministerien übergeben haben, und es werden
nun sachliche Erwägungen und die ernsthafteren Fragen ruhig und lei-
denschaftslos erörtert werden können.
Die sachlichen Erwägungen berühren die sociale Frage, die künst-
lerische und die Beziehungen zum Publicum. Die Bildhauer leiden an
dem Mangel an Ateliers und daran, gutes Material um relativ wohlfeilen
Preis zu erhalten. Es sind das Schwierigkeiten, die ausserordentlich schwer
beseitigt werden können. In Städten, wo ein reiches Bildhauerleben sich
bereits eingebürgert hat, fehlt es nicht an Ateliers, weder in Rom und