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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XII (1877 / 136)

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ergriffen. wWarum ist dieser Kasten dreieckig und nicht viereckigiu - 
"Ja, dann wäre er ja nicht neun, lautet die Antwort. vWozu dient denn 
dieser seidene Schuh ?(- - wZum Tragen; man kann ihn aber auch für 
Cigarren VCTWCUdEILC Während in aller Welt der Geschmack des Publi- 
cums unleugbar im Wachsen begriffen ist, macht die Kunst in diesem 
Industriezweige die gleichen Schritte rückwärts und selbstverständlich 
kommen Publicum und Fabrikant weiter auseinander. Man sollte sich 
klar werden, dass hierin ein grosser Theil des Uebels liegt, dass die ge- 
bildete Welt diese Dinge zurückweist, weil sie ihr missfallen. Das ist 
nicht blos Vermuthung, sondern wirkliche Erfahrung. 
Unter diesen Umständen ist es begreiflich, wenn die nWiener Artikel" 
auf der Weihnachts-Ausstellung durchaus nicht den gewünschten Eindruck 
machen. Eine Ausnahme macht nur die Firma Kölbl (vormals Wunder 
8x Kölbl), welche in Handpressung nach Renaissancemustern und in ge- 
schnittenem Leder fortführt, was der trelfliche, seiner Kunst zu früh ge- 
storbene Franz Wunder in dieser Art angeregt hat. Dieser Mann, der 
im vorigen Winter noch jung der österreichischen Industrie entrissen 
wurde, hätte ein Regenerator seines Kunstzweiges werden können, wenn 
nicht die Natur seinem Feuereifer einen schwachen Leib zur Hülle ge- 
geben und wenn sie ihn zu seinem Verständnisse, seinem Geschmacke, 
seiner geschickten Hand in gleichem Masse mit Geschäftsgeist begabt hätte. 
Aber Einem ist nicht Alles gegeben. Wenigstens ist es erfreulich, zu 
sehen, dass die Firma seine Anregungen nicht zu Grunde gehen lässt. 
Wenn sie dieselben auf gewöhnliche Gegenstände anwendet und in der 
Technik vereinfacht, so ist dagegen nichts einzuwenden. 
Gewährt dieser Industriezweig nur trübe Wahrnehmungen, so bildet 
die Erscheinung, welche die decorirten Thonwaaren auf der dies- 
jährigen Weihnachts-Ausstellung machen, einen Lichtblick im Dunkel 
dieser Jahre. Bisher glänzten die österreichischen Kunstfayencen auf den 
Ausstellungen nur durch ihre Abwesenheit. Sie existirten eben nicht. In 
England, Frankreich, Italien, in Schweden selbst wurden alle verschie- 
denen Arten dieses einst so glänzenden Kunstzweiges wieder aufgenommen 
und auf's neue zu einem blühenden Industriezweige entwickelt. Majoliken, 
Palissy, Henri-Deux, Nevers und Moustiers, Rouen, Delft, Rörstrand: 
Gefässe, Figuren, Fliesen, Alles haben wir wieder erstehen sehen. Selbst 
deutsche Fabriken haben sich mit Erfolg an gewissen Zweigen betheiligt. 
Nur in Oesterreich rührte sich Niemand, diese Kunst in die Hände zu 
nehmen, trotzdem das Publicurn mit Begierde nach der fremden, nament- 
lich englischen Waare griff und sie theuer genug bezahlte. Einzelne 
schüchterne Versuche tauchten wohl auf und wurden eben so schnell 
wieder aufgegeben. 
Was wir der staunenswürdigen Production von Frankreich, England 
und Italien bisher auf diesem Gebiete entgegenzustellen hatten, waren die 
Arbeiten der Znaimer Fabrikanten - Handwerk gegenüber der Kunst.
	        
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