MAK

Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XV (1880 / 175)

OB 
eine grosse Anzahl weiterer mit stets wachsender Zahl an Theilnehmern 
und Preiszuerkeunungen. Die erste österreichische Ausstellung zu Prag 
fällt 30 Jahre nach der ersten französischen. Mit der ersten Weltausstel- 
lung kamen die Engländer 1851 den Franzosen zuvor, gleichwohl waren 
Letztere die geistigen Urheber der Ausstellungsidee überhaupt und haben 
seither mit ihren grossen Expositionen der Jahre 1855, 1867 und 1878 
ihr Ansehen als erster Iridustriestaat in aller Welt befestigt so wie den 
Horizont ihrer gewerblichen Classen stetig erweitert. 
Die Franzosen waren es auch,- welche, nicht beschränkt auf die ein- 
seitige Initiative bezüglich der Ausstellungen, zuerst den Versuch machten, 
Kunst und Industrie auf einer Ausstellung schwesterlich zu vereinen; sie 
waren auch die ersten unter allen modernen Culturvölkern , welche die 
grosse wirthschaftliche Bedeutung der bildenden Kunst erkannt und dem- 
gemäß die gesammten Kunstinteressen von Staats wegen als eine der 
wichtigsten Staatsangelegenheitengepflegt hatten. Eine der anregendsten 
Partien von Baron Dumreichers Vortrage war eben der Nachweis, wie die 
Erkenntnis der hochwichtigen Rolle der bildenden Künste im wirthschaft- 
lichen Interesse eine ununterbrochene, unentwegt fortgeführte Tradition 
aller Regierungen in Frankreich gewesen, von Ludwig XIV. bis zur jetzigen 
Republik. Wohl hatten die historische Galerie von Versailles, die zahl- 
reichen Paläste, Denkmale, Siegesbogen u. s. w. nebenbei auch die Auf- 
gabe, toutes les gloires de la France zu erzählen und auf die Massen im 
Sinne der jeweiligen Regierung zu wirken. Wie sehr aber die innig ver- 
bundene Kunst- und Gewerbepolitik seit den Tagen Colberts mit dem 
deutlichen Bewusstsein ihrer wirthschaftlichen Consequenzen eingehalten 
wurde, wird durch die Thatsache bewiesen, dass es nach dem Sturze 
Napoleons I. eine der ersten Maßnahmen der Restauration war, sogleich 
20 Millionen für Monumentalbauten, Sculpturen und Gemälde auszusetzen 
mit der ausdrücklichen Motivirung: "um die Kunstfertigkeit der Nation, 
die Quelle ihres Reichthumes, nicht aussterben zu lassen-x. Wie schon 
vorher 22 Provincialmuseen gegründet worden waren, so wurde nun die 
Erhaltung der historischen Denkmale im ganzen Reiche organisirt, und 
binnen zwei Jahrzehnten waren 40 Millionen Francs blos für Restau- 
rationsarbeiten aufgewendet. 
So ging es fort auf dem eingeschlagenen Wege, die internationale 
Anziehungskraft der französischen Hauptstadt zu steigern und durch wohl- 
erwogenes Vorgehen reichen Samen von Fachbildung über die entlegensten 
Provinzen auszustreuen. Was Napoleon III. in dieser Richtung that, ist 
in Aller Erinnerung, und die Republik bleibt der ausgegebenen Parole 
getreu: das heurige Budget weist eine Post von 60 Millionen lediglich für 
Restaurationsarbeiten und den Neubau von Staatsgebäuden auf. 
Eine solche Thätigkeit des Staates, der seine Aufgabe für Erziehung 
eines künstlerischen Nachwuchses nicht durch Creirung von Unterrichts- 
anstalten für erledigt hält, sondern sich stets als erster directer Kunst-
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.